Regensburg (ots) - Waren es Hacker im Auftrag des Kremlchefs Putin, die eine offenbar hochprofessionelle Cyber-Attacke gegen den Bundestag fuhren? Möglich. Oder chinesische Internetfreaks? Nicht auszuschließen. Oder gekaufte Internetexperten in Diensten des islamistischen Islamischen Staates? Oder einfach nur clevere IT-Spezialisten aus westlichen Staaten, aus Deutschland gar? Selbst das scheint denkbar. Beim jetzigen Angriff auf das Kommunikationssystem des Bundestages kann niemand mit Sicherheit die Urheber benennen. Vielleicht gelingt das nie. Flotte Spekulationen und Schuldzuweisungen bringen jedenfalls nichts. Die Cyber-Attacke auf den Bundestag zeigt allerdings, dass Datensicherheit in Deutschland zwar viel beschworen, aber kaum wirklich realisiert wird. Wenn selbst die nach bisheriger Auffassung nicht gerade löchrigen Sicherungssysteme der Parlaments-Kommunikation überlistet werden können, dann ist das ein sehr ernster Hinweis darauf, dass wir das Datenproblem der digitalen Ära insgesamt unterschätzt haben. Nicht nur der verwundbare Bundestag - auch Unternehmen, Verwaltungen, Bürgerinnen und Bürger müssen wesentlich mehr tun, damit unsere Daten auch unser bleiben. Ob der Bundestag sich in nächster Zeit neue Computer und Software zulegen muss - wofür einiges spricht - oder ob das bestehende System ertüchtigt und angriffsresistenter gemacht werden kann, ist dabei gar nicht so entscheidend. Vielleicht muss man beides tun. Wichtig ist, dass gewählte Volksvertreter sicher kommunizieren können. Das heißt, ohne Furcht oder auch nur das mulmige Gefühl, abgehört und ausspioniert zu werden. Das betrifft die interne Kommunikation ebenso wie die Kontakte zu Bürgern, die ebenfalls über dieses System ablaufen, dass sich nun als überaus angreifbar zu erweisen scheint. Wie groß die Datenabflüsse waren oder sind, weiß ebenfalls niemand. Doch wer glaubt, nun würden die Abgeordneten über alle Fraktionsgrenzen hinweg zusammen stehen und die Sicherheitsexperten ran lassen, der irrt. Das Misstrauen wuchert. Parlamentspräsident Norbert Lammert musste gestern nach einer langen Sitzung des Ältestenrates versichern, dass die herbei gerufenen Spezialisten des Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht innerhalb des IT-Systems des Bundestages, also von Abgeordnetenbüros, Fraktionen und Verwaltung, tätig sein werden. Seltsam, dieses Misstrauen gegen den Verfassungsschutz. Auch wenn der sich zuletzt nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Zumindest ist die jetzige Attacke mit ausgeklügelten Trojanern gegen den Bundestag kein Ruhmesblatt für das vor vier Jahren gegründete Cyber-Abwehrzentrum, dass genau gegen solche Angriffe wappnen sollte. In dieser Einrichtung arbeiten viele Bundesbehörden zusammen. Die Frage ist nur: wie? Zielorientiert, effektiv und immer auf dem neuesten Stand der IT oder in engen Behördengrenzen? Dabei wird oft vergessen: Das, was jetzt dem Parlament widerfährt, erleben Firmen und Privatleute täglich. Hacker dringen in Firmennetze ein, beschaffen sich sensible Dateien und stiften damit Unheil an. Konkurrenten, und zwar nicht nur ausländische, spähen Entwicklungen von Unternehmen aus, die sie dann selber gewinnbringend auf den Markt werfen. Dem Datenklau im Internet fallen Bankkunden ebenso zum Opfer wie unbedachte Nutzer von sozialen Netzwerken. Etwas mehr Sorgsamkeit und Bewusstheit über den Wert der eigenen Daten wäre bereits ein eigener Betrag zu mehr Datensicherheit. Freilich gilt in unserer eng vernetzten Welt auch, dass vollkommene Datensicherheit eine Illusion ist.
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