Düsseldorf (ots) - Ein Euro ohne Griechenland ist eine Win-win-Situation. In der Wirtschaftstheorie zumindest. Der Reformdruck in der Rest-Gemeinschaft wäre nachhaltig erzwungen und die Mitglieder wären zugleich ihren finanziellen Klotz am Bein los. Das überschuldete Staatsgebilde Griechenland könnte durch die Abwertung seiner neuen Währung und die daraus entstehenden Chancen wirtschaftlich neu starten. Also worüber noch diskutieren? Wer den Ökonomen beiseite und den Europäer zu Wort kommen lässt, muss indes zu einem anderen Schluss kommen: No Grexit! Die Finanzmisere eines kleinen Euro-Lands darf nicht das politische Jahrhundertprojekt "Europäische Integration" infizieren. Welches Bild entsteht, wenn Europa bei der ersten Krise ein Mitglied aus dem Euro drängt? Zu groß das Risiko, dass Anleger sodann die Schuldenlast Spaniens, Portugals und Italiens erneut ins Visier nehmen. Und: Ein Grexit wäre Aufwind für die nationalistischen Tendenzen von London bis Budapest. Seht her, in Europa gilt die Solidarität nur bis zum nächsten Bankautomaten! Die EU müsste ihre Verträge umschreiben. Europäische Segregation. Dazu darf es nicht kommen. Auch wenn der Wiederaufbau Griechenlands Deutschland mehr kosten wird als die 80 Milliarden Euro, für die es derzeit haftet (die sind so oder so weg). Auch wenn es zum dritten oder - wer weiß? - zum vierten Hilfspaket kommt. Entscheidend ist, dass Griechenlands Gläubiger nur mit der Zustimmung der gewählten griechischen Regierung einen langfristigen Rettungsplan entwerfen können. Natürlich agieren Athens Politiker teilweise unverschämt, auch an dieser Stelle ist dies oft kritisiert worden. Und die griechische Misere ist teilweise hausgemacht. Athen muss strukturell sparen und die Korruption, dieses Krebsübel der Gesellschaft, ernsthaft bekämpfen. Neulich erzählte eine griechische Mutter, dass eine Schwangere dem Arzt in einer städtischen Klinik noch vor der Entbindung das "Fakelaki", den Umschlag mit dem Bargeld, überreichte. Die Frage ist nur, ob Europa Griechenland als Mitglied und Partnerland hilft, oder ob es Griechenland sich selbst überlässt. Heute Abend geht es deshalb um mehr als nur Reformmaßnahmen und Defizitziele. Es geht um den Fortbestand des "geeinten Europa", wie Kur Tucholsky sein Vaterland nannte. Angela Merkel spricht gerne von der "Hader-Phase", wenn sie über ihre - mitunter langwierige - Entscheidungsfindung bei heiklen Fragen spricht. Bei Griechenland sind alle Argumente ausgetauscht. Jetzt geht es um Haltung. Vielleicht auch ein wenig um Ideologie, ja Naivität. Aber Pragmatismus hat Europa genug.
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