Von Tom Fairless
BRÜSSEL (Dow Jones)--Im Rahmen ihrer Sektoruntersuchung zum elektronischen Handel haben die europäischen Wettbewerbshüter von einer großen Anzahl von E-Commerce-Unternehmen Auskunft über sensible Geschäftsinformationen und Kopien von Verträgen angefragt. Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin, Margrethe Vestager, hatte die Einleitung der Überprüfung Ende März angekündigt.
Es gebe Hinweise darauf, dass einige Unternehmen möglicherweise Maßnahmen träfen, um den grenzüberschreitenden elektronischen Handel einzuschränken, hieß es. Vestager hatte die Einleitung der Untersuchung vorgeschlagen, um die von der Kommission angestrebte Schaffung eines digitalen Binnenmarkts zu unterstützen. Die Untersuchung kann zu formellen Kartellverfahren gegen einzelne Unternehmen führen, wenn sie verdächtigt werden, ihre beherschende Marktstellung zu missbrauchen.
Die Europäische Kommission hatte vergangene Woche einen ersten Schwung an Fragebögen an etliche Unternehmen in allen 28 EU-Ländern geschickt. Mehr als 2.000 Unternehmen werden voraussichtlich im Rahmen der Überprüfung befragt, darunter eBay, Netflix und Disney.
Die Fragebögen umfassen mehr als 150 Seiten und sollen der Behörde "ein besseres Verständnis der Geschäftspraktiken im Bereich E-Commerce geben, so sie Anbieter von digitalen Inhalten betreffen", wie es in einer Kopie heißt, in die das Wall Street Journal Einblick hatte.
Die Europäische Kommission bestätigte, die Fragebögen vergangene Woche verschickt zu haben, wollte aber keine weitere Stellungnahme dazu abgeben.
Die Länge und Art der Fragebögen erinnere "ein wenig an Ermittlungen ins Blaue hinein", sagte ein Wettbewerbsrechtler in Brüssel.
So müssen die befragten Unternehmen Angaben zu ihren Umsätzen weltweit und in den einzelnen EU-Ländern machen, in einigen Fällen datieren sie bis in das Jahr 2010 zurück. Zudem müssen sie ihre 30 Hauptzulieferer für digitale Inhalte nennen, im Bereich Film bis hin zu Musik, wieviel bezahlt wurde und etwaige Klauseln, die den grenzüberschreitenden Verkauf der Inhalte einschränken könnten. "Alle derzeit gültigen Verträge" mit diesen Zulieferern müssen in Kopie eingereicht werden.
Zwar war der Kommission der enorme Verwaltungsaufwand laut EU-Vertretern bewusst, dennoch entschied sie sich für die Fragebögen in dieser Länge. Sie habe ausreichend Daten haben wollen, um die Komplexität der digitalen Märkte zu verstehen, hieß es.
Bis zum 31. Juli müssen die Anworten vorliegen. Ein zweiter Fragebogen zum Online-Verkauf von physischen Gütern wird voraussichtlich kommende Woche verschickt.
Einen vorläufigen Bericht über die Ergebnisse will die EU Mitte 2016 vorlegen, einen Abschlussbericht Anfang 2017.
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June 24, 2015 07:26 ET (11:26 GMT)
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