Frankfurt (ots) - Der Zeitpunkt ist aus Sicht der Europäischen Zentralbank (EZB) klug gewählt gewesen. Alle Welt, und da ist die Finanzwelt natürlich inbegriffen, blickte auf Griechenland: Wie wird das Referendum ausgehen und was passiert dann am Montag - nicht zuletzt an den Finanzmärkten? Da kann die eine oder andere Entwicklung schon mal an einem vorbeigehen, oder sie wird im Lichte der viel größeren und wichtigeren Ereignisse nicht mehr als so bedeutend gewertet, wie sie eben ansonsten gewürdigt würde. In diesem Umfeld hat die EZB einfach mal ihre Liste der Emittenten, die im Rahmen des Anleihekaufprogramms für etwaige Erwerbe in Frage kommen, erweitert. Ohne viel Getöse wurde da kurzerhand die Internetseite auf den neuesten Stand gebracht und damit heimlich, still und leise ein kleines Hintertürchen geöffnet, mit dem sich das laufende Quantitative Easing erweitern lässt, wenn dafür vielleicht auch noch ein wenig Definitionsarbeit geleistet werden muss. Erste Definitionsarbeiten hat die EZB bei der Änderung der Bond-Liste ja schon gemacht.
Bislang konnten prinzipiell die Anleihen folgender Emittentenkreise gekauft werden: Anleihen der Zentralstaaten, also Sub-Sovereigns, Bonds von internationalen und supranationalen Adressen wie der EU und die sogenannten Agencies. Darunter verstand man bisher "Emittenten mit Förderauftrag". So war auch die Übersetzung. Klargestellt wurde nun auch, dass die Übersetzung aber "Organe" lautet. Erweitert wurde die Liste um die staatsnahen Emittenten. Gekauft werden können nun Bonds des italienischen Versorgers Enel oder des Netzbetreibers Snam. Die Liste umfasst diverse Infrastrukturfirmen.
Lockere Reaktion
Am Markt ist das bislang recht locker aufgenommen worden. Mancher Akteur meint, dass diese Erweiterung nur geschehen sei, um eben eine entsprechende Masse für Käufe in der Eurozonenperipherie zu haben, damit eben hier gemäß Kapitalschlüssel der EZB die Käufe auch umgesetzt werden können. Vorher seien die in Frage kommenden Agencies sehr stark auf die kerneuropäischen Länder konzentriert gewesen. Das mag durchaus sein, dass die EZB mit dieser Erweiterung diesem Aspekt gerecht wird, die Frage ist doch nur, wie weit der Begriff der öffentlichen Unternehmen in der Zukunft - je nachdem wie QE läuft - gefasst wird. Und da könnte es durchaus sein, dass die EZB bei der Definitionsarbeit künftig ein wenig nach dem Motto der Handwerker handelt: Was nicht passt, wird passend gemacht.
Wenn nun auch Bonds von staatsnahen oder öffentlichen Unternehmen ("Organe") demnächst Gegenstand von Käufen werden, sollte das wohl konkretisiert werden. Muss der Staat dann daran beteiligt sein? Wenn ja, muss es eine Mehrheitsbeteiligung sein oder reicht eine Minderheit aus? Oder aber muss das Unternehmen aus Sicht des Staates einfach nur wichtig genug sein, damit es im Fall des Falles - also eines drohenden Defaults (Zahlungsverzug, Insolvenz) - mit der Unterstützung seitens des Staates rechnen kann? Je nachdem, wie man es auslegt, d.h. definiert, können dann auch Daimler oder Siemens staatsnahe oder öffentliche Unternehmen sein, nämlich dann, wenn der Staat ein paar Aktien von ihnen hat oder bei extremer Schieflage den Unternehmen helfend zur Seite springen würde. Und ehe man sichs versieht, könnte die EZB auch Anleihen von Autobauern und anderen Industrieunternehmen kaufen, Versorger und Netzbetreiber gehören ja schon jetzt dazu.
Im Übrigen: Solche Diskussionen und Definitionsfragen sind nicht ganz neu. Sie gab es vor einigen Jahren schon bei den öffentlichen Pfandbriefen und ihren europäischen Pendants, vor allem denen aus Luxemburg. Da ging es bei der Kreditvergabe und der anschließenden Möglichkeit, diesen Kredit in den Deckungsstock aufnehmen und ihn dann über den Pfandbrief günstig refinanzieren zu können, auch schon mal um die Frage, was denn ein öffentliches oder staatsnahes Unternehmen ist. In diesem Zusammenhang wurde dann auch auf explizite, aber auch auf implizite Unterstützungswahrscheinlichkeiten abgezielt. In einzelnen Ländern wurde das auch sehr unterschiedlich ausgelegt.
Die EZB hat die Tür für Unternehmensanleihekäufe nun ein Stück weit geöffnet. Wie stark der Markt - auch aus Enttäuschung heraus - auf dieses Kaufprogramm reagiert, kann seit Wochen bei den Staatsanleihen und auch Covered Bonds beobachtet werden. Kommen nun auch noch einzelne Unternehmensanleihen - pardon staatsnahe Emittenten - dazu, sollte man sich auf noch höhere Grade der Illiquidität einstellen.
OTS: Börsen-Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30377 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt: Börsen-Zeitung Redaktion Telefon: 069--2732-0 www.boersen-zeitung.de
Bislang konnten prinzipiell die Anleihen folgender Emittentenkreise gekauft werden: Anleihen der Zentralstaaten, also Sub-Sovereigns, Bonds von internationalen und supranationalen Adressen wie der EU und die sogenannten Agencies. Darunter verstand man bisher "Emittenten mit Förderauftrag". So war auch die Übersetzung. Klargestellt wurde nun auch, dass die Übersetzung aber "Organe" lautet. Erweitert wurde die Liste um die staatsnahen Emittenten. Gekauft werden können nun Bonds des italienischen Versorgers Enel oder des Netzbetreibers Snam. Die Liste umfasst diverse Infrastrukturfirmen.
Lockere Reaktion
Am Markt ist das bislang recht locker aufgenommen worden. Mancher Akteur meint, dass diese Erweiterung nur geschehen sei, um eben eine entsprechende Masse für Käufe in der Eurozonenperipherie zu haben, damit eben hier gemäß Kapitalschlüssel der EZB die Käufe auch umgesetzt werden können. Vorher seien die in Frage kommenden Agencies sehr stark auf die kerneuropäischen Länder konzentriert gewesen. Das mag durchaus sein, dass die EZB mit dieser Erweiterung diesem Aspekt gerecht wird, die Frage ist doch nur, wie weit der Begriff der öffentlichen Unternehmen in der Zukunft - je nachdem wie QE läuft - gefasst wird. Und da könnte es durchaus sein, dass die EZB bei der Definitionsarbeit künftig ein wenig nach dem Motto der Handwerker handelt: Was nicht passt, wird passend gemacht.
Wenn nun auch Bonds von staatsnahen oder öffentlichen Unternehmen ("Organe") demnächst Gegenstand von Käufen werden, sollte das wohl konkretisiert werden. Muss der Staat dann daran beteiligt sein? Wenn ja, muss es eine Mehrheitsbeteiligung sein oder reicht eine Minderheit aus? Oder aber muss das Unternehmen aus Sicht des Staates einfach nur wichtig genug sein, damit es im Fall des Falles - also eines drohenden Defaults (Zahlungsverzug, Insolvenz) - mit der Unterstützung seitens des Staates rechnen kann? Je nachdem, wie man es auslegt, d.h. definiert, können dann auch Daimler oder Siemens staatsnahe oder öffentliche Unternehmen sein, nämlich dann, wenn der Staat ein paar Aktien von ihnen hat oder bei extremer Schieflage den Unternehmen helfend zur Seite springen würde. Und ehe man sichs versieht, könnte die EZB auch Anleihen von Autobauern und anderen Industrieunternehmen kaufen, Versorger und Netzbetreiber gehören ja schon jetzt dazu.
Im Übrigen: Solche Diskussionen und Definitionsfragen sind nicht ganz neu. Sie gab es vor einigen Jahren schon bei den öffentlichen Pfandbriefen und ihren europäischen Pendants, vor allem denen aus Luxemburg. Da ging es bei der Kreditvergabe und der anschließenden Möglichkeit, diesen Kredit in den Deckungsstock aufnehmen und ihn dann über den Pfandbrief günstig refinanzieren zu können, auch schon mal um die Frage, was denn ein öffentliches oder staatsnahes Unternehmen ist. In diesem Zusammenhang wurde dann auch auf explizite, aber auch auf implizite Unterstützungswahrscheinlichkeiten abgezielt. In einzelnen Ländern wurde das auch sehr unterschiedlich ausgelegt.
Die EZB hat die Tür für Unternehmensanleihekäufe nun ein Stück weit geöffnet. Wie stark der Markt - auch aus Enttäuschung heraus - auf dieses Kaufprogramm reagiert, kann seit Wochen bei den Staatsanleihen und auch Covered Bonds beobachtet werden. Kommen nun auch noch einzelne Unternehmensanleihen - pardon staatsnahe Emittenten - dazu, sollte man sich auf noch höhere Grade der Illiquidität einstellen.
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