Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)--Nach dem "Nein" der Griechen zu den Forderungen der Geldgeber drängen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Francois Hollande auf einen EU-Sondergipfel am Dienstag. "Die Bundeskanzlerin und der Präsident sprechen sich dafür aus, dass am Dienstag ein Gipfel der Staats-und Regierungschefs der Eurozone einberufen werden soll", erklärte ein Regierungssprecher am späten Sonntagabend in Berlin.
Die CDU-Vorsitzende wird am Montag nach Paris reisen, um mit Hollande die nächsten Schritte zu beraten. "Beide sind sich darin einig, dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist", ergänzte der Regierungssprecher.
Mehr als 61 Prozent der Griechen stimmten am Sonntag für die Linie von Ministerpräsident Alexis Tsipras, die Forderungen der Geldgeber nach weiteren Reformen und sozialen Einschnitten abzulehnen. In Athen feierten Tausende das Ergebnis der Volksabstimmung auf den Straßen. Tsipras verspricht sich nun eine bessere Verhandlungsposition mit den EU-Partnern, der EZB und dem Internationalen Währungsfonds.
Vizekanzler Sigmar Gabriel hält hingegen Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm für "kaum noch vorstellbar". Dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagsausgabe) sagte der SPD-Vorsitzende, "Tsipras und seine Regierung führen das griechische Volk auf einen Weg von bitterem Verzicht und Hoffnungslosigkeit".
Tsipras habe seinem Volk eingeredet, mit einem "Nein" werde die Verhandlungsposition Griechenlands gestärkt. Tatsächlich habe der griechische Regierungschef aber "letzte Brücken eingerissen, über die Europa und Griechenland sich auf einen Kompromiss zubewegen konnten". Gabriel fügte hinzu: "Mit der Absage an die Spielregeln der Euro-Zone, wie sie im mehrheitlichen Nein zum Ausdruck kommt, sind Verhandlungen über milliardenschwere Programme kaum vorstellbar." Der Ball liege jetzt in Athen.
Der Wirtschaftsexperte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW, sieht nun für Griechenland schwarz. "Das Referendum wird die humanitäre Katastrophe der griechischen Bürger nochmals verstärken", betonte Fratzscher. Er rechnet damit, dass die griechischen Banken bald zusammenbrechen werden. Außerdem erwartet er die Einführung von staatlichen Schuldscheinen, also von einer Parallelwährung zum Euro.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/chg
(END) Dow Jones Newswires
July 05, 2015 16:45 ET (20:45 GMT)
Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.