Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Idee von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für einen möglichen vorübergehenden Austritt Griechenlands Athens aus dem Euro ist in ersten Reaktionen auf harsche Kritik bei Abgeordneten des Koalitionspartners SPD gestoßen. Die Grünen sprachen sogar von Verfassungsbruch.
"Es wird eine Einigung im Euro geben", erklärte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Carsten Schneider über den Kurznachrichtendienst Twitter. Scheinbar müsse das Bundesfinanzministerium (BMF) "seine Rolle an der Seitenlinie kompensieren", meinte er. "Zu viele Juristen im BMF und zu wenige Ökonomen", monierte der sozialdemokratische Fraktionsvize in einem anderen Tweet. Er sah beim Finanzministerium ein tragisches "mit dem Fuß Aufstampfen" und immer Recht haben wollen.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion fasste sich kürzer. "Grober Unfug!", lautete seine Reaktion, ebenfalls via Twitter.
"Schäuble & Merkel sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen!", twitterte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. Mit dem Grexit spalteten sie "unser Europa" und verspielten 60 Jahre europäische Integration. Später legte Giegold nach und bezichtigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eines Verstoßes gegen das Grundgesetz. "Merkel spaltet Europa unter Verfassungsbruch: In der Unterrichtung des Bundestags vorm EU-Gipfel wurde Schäubles Grexit-Plan verschwiegen", erklärte Giegold.
Während der laufenden Brüsseler Verhandlungen der Euro-Finanzminister zum Schicksal Griechenlands war bekannt geworden, dass Schäuble erwägt, bei einem Scheitern der Griechenland-Verhandlungen einen vorübergehenden Austritt Athens aus der Währungsunion vorzuschlagen.
In einem Vorbereitungspapier des deutschen Finanzministeriums, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte, ist als eine Option ein so genannter "Grexit" für mindestens fünf Jahre genannt, in denen Athen seine Schulden restrukturieren soll. Sie soll für den Fall gelten, dass die andere in dem Dokument genannte Alternative nicht realisiert wird - nämlich dass Athen seine bisherigen Vorschläge schnell, umfassend und mit voller parlamentarischer Unterstützung nachbessert.
"Alles, was Schäuble macht, ist mit der Bundeskanzlerin abgesprochen," sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter zu Dow Jones Newswires. Ein anderer Offizieller bekräftigte diese Angaben. "Alles, was er sagt und tut, ist mit der Kanzlerin koordiniert worden", erklärte ein Vertreter des Finanzministeriums.
Während der laufenden Verhandlungen der Euro-Finanzminister zum Schicksal Griechenlands war bekannt geworden, dass Schäuble erwägt, bei einem Scheitern der Griechenland-Verhandlungen einen vorübergehenden Austritt Athens aus der Währungsunion vorzuschlagen.
In einem Vorbereitungspapier des deutschen Finanzministeriums für das Sondertreffen in Brüssel, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte, ist als eine Option ein so genannter "Grexit" für mindestens fünf Jahre genannt, in denen Athen seine Schulden restrukturieren soll. Sie soll für den Fall gelten, dass die andere in dem einseitigen Dokument genannte Alternative nicht realisiert wird, nämlich dass Athen seine bisherigen Vorschläge schnell, umfassend und mit voller parlamentarischer Unterstützung nachbessert.
Merkel trägt nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen Schäubles Vorschlag mit. "Alles, was Schäuble macht, ist mit der Bundeskanzlerin abgesprochen," sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter zu Dow Jones Newswires. "Alles, was er sagt und tut, ist mit der Kanzlerin koordiniert worden", erklärte ein Vertreter des Finanzministeriums.
Hintergrund des Vorschlages ist, dass Berlin offenbar mit den von Athen bisher vorgeschlagenen Maßnahmen einen Schuldenschnitt für unausweichlich hält, den es aber nach Überzeugung der Bundesregierung in der Eurozone nicht geben darf. Schäuble machte dies schon bei seinem Eintreffen zu der Sitzung deutlich. "Wir wissen, dass nach den europäischen Verträgen Schuldenerlass nicht möglich ist", sagte er am Nachmittag in Brüssel. "Das ist für Mitglieder der Währungsunion nicht möglich."
Griechenland hatte am Donnerstagabend eine 13-seitige Liste mit Reform- und Sparvorschlägen vorgelegt und verspricht sich dadurch ein neues, dreijähriges Hilfsprogramm vom europäischen Rettungsfonds ESM. Der gesamte Finanzbedarf wird mittlerweile auf 74 Milliarden Euro beziffert, von denen 16 Milliarden vom Internationalen Währungsfonds kommen sollen.
Athen kündigt in dem Programm unter anderem Steuererhöhungen und Privatisierungen sowie eine Rentenreform an. Unter anderem soll der Mehrwertsteuersatz auf 23 Prozent angehoben werden, und die Steuervergünstigungen der Inseln sollen stufenweise bis Ende 2016 wegfallen. Schäuble glaubt, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die griechische Wirtschaft wieder auf eine tragfähige Basis zu stellen.
Die endgültige Entscheidung darüber müssen gegebenenfalls die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder bei ihrem Sondergipfel am Sonntag in Brüssel treffen. Nur ihre einstimmige Billigung von Verhandlungen über weitere Hilfen würde es Athen wohl erlauben, den Staatsbankrott in letzter Sekunde abzuwenden. Griechische Offizielle haben schon gewarnt, den Banken des Landes könnten nach Montag das Bargeld ausgehen. Das könnte Athen dazu zwingen, eine eigene Währung aufzulegen.
(Mitarbeit: Andrea Thomas, Viktoria Dendrinou und Gabriele Steinhauser)
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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July 11, 2015 15:51 ET (19:51 GMT)
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