An den letzten beiden Handelstagen der vergangenen Woche sprengte der DAX mit einem Anstieg um rund 570 Punkte alle Krisen- und Crash-Ketten. Neuigkeiten aus Griechenland und China waren die Gründe für die rasante Kurserholung. Doch beides war zuvor auch Auslöser für die fortgesetzte Korrektur und ein neues Korrekturtief im DAX.
Athen provoziert den „Grexit“
Anfang der Woche schien es noch so, als wolle Tsipras einen „Grexit“ provozieren. Obwohl der Regierungschef vor dem Referendum eine Lösung binnen 48 Stunden nach diesem angekündigt hatte, legte Athen lange Zeit keinen neuen Vorschlag für eine Lösung der Schuldenprobleme vor. Entsprechend gaben die Kurse weiter nach.
Referendum in Griechenland – Wozu der ganze Zirkus?!
Am Mittwoch stellte Athen einen neuen Antrag für Milliardenhilfen beim ESM-Rettungsschirm. Als Finanzbedarf wurde laut Medienberichten eine Summe von 53,5 Milliarden Euro bis 2018 angemeldet. Zum Vergleich: Das zweite Hilfspaket hatte ein Volumen von 130 Milliarden Euro, das aber nicht komplett ausgeschöpft wurde, weil die neue Regierung Reformen verweigerte und das Programm am 30. Juni auslaufen ließ, ohne die restlichen Mittel in Anspruch nehmen zu können.
Auf den letzten Drücker
Im Gegenzug zu den neu beantragten Hilfen stellte Tsipras eine Steuer- und Rentenreform in Aussicht, ohne dabei jedoch konkret zu werden. Die Geldgeber gaben der Athener Regierung daher bis Donnerstag um Mitternacht Zeit, konkrete Pläne vorzulegen. Doch die griechische Regierung ließ sich, wie inzwischen gewohnt, Zeit und übermittelte den Geldgebern ihr Sparprogramm erst kurz vor Auslaufen der ihr gesetzten Frist. Gegen 21.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit seien die Vorschläge per E-Mail an Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem abgeschickt worden, berichtete das griechische Fernsehen unter Berufung auf die Regierung in Athen. Dijsselbloems Büro bestätigte den Eingang der Liste.
Griechenland will 13 Milliarden einsparen
Die griechische Wirtschaftszeitung "Naftemporiki" berichtete, beim neuen Vorschlag handle es sich um eine „Mischung“ aus Athens Kürzungsprogramm und Vorschlägen der EU-Kommission. Demnach soll die neue Liste Kürzungen im Umfang von 13 Milliarden Euro enthalten. Unter anderem seien Einsparungen bei den Renten und im Militärhaushalt sowie Erhöhungen bei der Mehrwertsteuer geplant. Die Möglichkeit von Frühverrentungen soll bis zum Jahr 2022 fast komplett abgeschafft werden. Eine Ausnahme sollen diejenigen bilden, die mit 40 Arbeitsjahren im Alter von 62 Jahren in Rente gehen. Versprochen ist, dass im Rentensystem im laufenden Jahr 0,25% bis 0,5% des BIP eingespart werden wird, 2016 dann 1% des BIP. Zudem solle die Mehrwertsteuer für Hotels von 6,5% auf 13% und im Gastronomiebereich von 13% auf 23% steigen.
Eine offizielle Bestätigung hierfür gab es zunächst nicht. Griechische Regierungsvertreter gaben sich aber zuversichtlich, dass die Maßnahmen diesmal den Vorstellungen der Gläubiger genügten. Berichten zufolge sollen Experten der Troika-Institutionen an der Ausarbeitung mitgearbeitet haben.
Ein völlig neues Rettungsprogramm muss beschlossen werden
Man stellt sich schon die Frage, wozu der ganze Zirkus mit dem Referendum überhaupt veranstaltet wurde, wenn Griechenland nun doch auf alle Forderungen der Geldgeber eingeht und damit eigentlich gegen den Willen der Wähler agiert. Aber letztlich haben diese ja im Rahmen des Referendums über ein Angebot abgestimmt, dass so gar nicht mehr gültig ist. Denn im Juni befand sich Griechenland noch im zweiten Hilfsprogramm und die Eurostaaten hätten lediglich eine schon zugesagte Kredittranche des vorläufigen Rettungsfonds EFSF freigeben können. Nun geht es dagegen darum, ein komplett neues Hilfsprogramm des Dauerrettungsfonds ESM zu entwerfen. Aber aus meiner Sicht hat das Kind jetzt einfach nur einen anderen Namen.
Unnötig verkompliziert
Die Sache wurde damit nur unnötig verkompliziert. Am Samstag trafen sich die Finanzminister der Eurostaaten, um auf Basis des neuen ESM-Rettungsantrags einen Vorschlag für den heute tagenden Gipfel der Staats- und Regierungschefs zu entwerfen. Doch damit Merkel und einige ihrer Kollegen überhaupt über ein solches Hilfspaket verhandeln dürfen, müssen sie sich erst zu Hause ein Mandat ihrer Parlamente geben lassen. Neben dem deutschen Bundestag müssten auch die Parlamente in den Niederlanden, in Estland, der Slowakischen Republik, Slowenien und Finnland weiteren Hilfen zustimmen. Das bedeutet, dass die Eurostaaten heute gar kein fertiges Reformkonzept beschließen können.
Eigentlich müssten die Abgeordneten des Bundestages zunächst aus der Sommerpause zurückkommen und Merkel das Mandat zu Verhandlungen geben. Davor müssen sich Griechenland und die Institutionen über die Details des neuen Hilfsprogramms einig sein. Dann müssen diese von den Euro-Finanzministern und anschließend vom Eurogipfel abgesegnet werden. Anschließend können der Bundestag und die anderen Parlamenten darüber beschließen. – Selbst wenn nun also alles glattläuft, wird das bekannte Spiel noch über den kommenden Sonntag hinaus andauern.
Bis zum 20. Juli müssen Hilfsgelder fließen
Wichtig ist, dass vor dem 20. Juli alles in trockenen Tüchern ist, denn dann wird eine Rückzahlung an die Europäische Zentralbank (EZB) fällig. Wenn Griechenland dann eine Anleihe nicht zurückzahlt, wäre die Notenbank gezwungen, Griechenland endgültig den Geldhahn zuzudrehen.
Irgendwie geht es doch immer noch weiter
Aber endgültige Termine haben wir bereits diverse gehört. Und irgendwie ging es doch immer noch weiter. Dank des Kapitalmarktes kommt Griechenland weiter kurzfristig an Geld. Trotz Spekulationen um einen Austritt aus der Währungsunion und eine drohende komplette Staatspleite hat sich das Land am vergangenen Mittwoch gut 1,6 Milliarden Euro geliehen, in dem es 6 Monate laufende Schuldtitel ausgegeben hat. Dies teilte die griechische Schuldenagentur PDMA nach Angaben des griechischen Rundfunks mit. Griechenland hat sich dieses Geld geliehen, weil es am Freitag dieser Woche rund 2 Milliarden Euro tilgen muss. Warum sollte sich Athen also nicht auch kurzfristig Geld besorgen können, um die EZB auszuzahlen?!
Den Finanzmärkten droht ein ganz anderes Problem
Entsprechend gelassen gehen die Finanzmärkte auch inzwischen mit dem Thema Griechenland um. Ein Abschied der Griechen aus dem Euro würde zwar einige Länderkassen teuer zu stehen kommen, doch die wirtschaftlichen Folgen eines „Grexit“ werden inzwischen zu verschmerzen sein. Die Kurskapriolen dieser Woche könnten daher einen ganz anderen Grund gehabt haben. Denn viel schwieriger zu kalkulieren ist das, was sich gerade in China abspielt.
Panik an Chinas Aktienmärkten – China erlebt das größte Minus seit über zwanzig Jahren
China musste das größte Minus am Aktienmarkt seit über zwanzig Jahren erleben. Die crashartigen Verluste, über die wir bereits vor einer Woche im Geldanlage-Brief berichteten, setzten sich fort. Innerhalb von nur einem Monat büßte der chinesische Leitindex, der Shanghai Composite, mehr als 30% ein, was auch zusätzlichen Druck auf unsere heimischen Börsen ausübte. Alleine am Mittwoch fielen die wichtigsten Indizes CSI 300 und Shanghai Composite zur Eröffnung des Marktes um 7%. Zeitweise sackte der Shanghai Composite um mehr als 8% ein. Das war der größte Tagesverlust seit 2007. Die für die Aktienmärkte zuständige Aufsichtsbehörde sprach von einer Panikstimmung.
Drastische Schritte gegen den Kursrutsch
Die chinesische Regierung hat daraufhin drastische Schritte beschlossen, um den Kursrutsch der vergangenen Wochen zu stoppen. Viele Aktienbesitzer wurden von den Behörden an Verkäufen gehindert, indem mehr als 1000 Firmen nicht mehr gehandelt werden konnten. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge wurden rund 43% der Marktkapitalisierung eingefroren. Auf der anderen Seite versicherte Chinas Zentralbank dem nationalen Kreditgeber China Securities Finance Corporation (CSF), ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen, um Wertpapierkäufe zu finanzieren.
Turbulenzen schwappten auf Rohstoffmarkt über
Die Turbulenzen an den chinesischen Aktienmärkten schwappten am Dienstag auch auf die Rohstoffmärkte über und führten dort zu einem Ausverkauf. Der Eisenerzpreis sackte in China am Dienstag um knapp 6% ab. Nickel fiel um knapp 7%. Der Preis für Kupfer stürzte um 5,6% auf ein 6-Jahres-Tief. Ähnlich das Bild bei Aluminium, wo der Preis nur noch knapp über einem 17-Monats-Tief lag. Die Ölpreise sackten innerhalb weniger Tage um 10% ab.
Was man dabei berücksichtigen muss: Zuvor hatten sich die Aktienkurse seit November mehr als verdoppelt. Doch bei derart rasanten Kursbewegungen muss man davon ausgehen, dass dies nicht ohne Nachwirkungen bleibt. Zumal rund 15% der chinesischen Bevölkerung am Aktienmarkt engagiert ist und damit deutlich mehr als zum Beispiel hierzulande.
Regierungen in Athen und China lieferten
Doch dann lieferten Athen ein Sparprogramm und Chinas Regierung drastische Maßnahmen, um den Kursrutsch der vergangenen Wochen zu stoppen. Beides führte zu einer rasanten Kurserholung. Wer im Rahmen der Kursverluste in Panik geriet und seine Positionen übereilig verkaufte, der schaut nun nach der Kurserholung in die Röhre. Ruhe bewahren hingegen zahlte sich aus – so wie in unserem „Geldanlage Premium Depot“.
Fazit
Man ist fast froh, dass es mit China inzwischen auch wieder andere Themen neben dem Griechenland-Drama gibt. Es könnten aber schönere sein. So zum Beispiel die Berichtssaison, die in der vergangenen Woche mit den Zahlen des US-Aluminiumriesen Alcoa eröffnet wurde. Aktuell ist der Markt aber geprägt von sehr schnellen, unvorhersehbaren Kursbewegungen – in beide Richtungen.
Wir weisen an dieser Stelle auch noch einmal darauf hin, dass wir uns nun tief in den Sommermonaten befinden, die oft durch Fehlsignale geprägt sind. Entsprechend ist weiterhin extreme Vorsicht geboten. Dass wir im „Geldanlage Premium Depot“ zuletzt defensiv agierten, hat sich in dieser Woche ein weiteres Mal als sehr vorteilhaft erwiesen. Wir wollen Sie möglichst unbeschadet durch diese Zeiten geleiten, was uns bislang sehr gut gelungen ist.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Sven Weisenhaus
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