(neu: Fortdauer der Verhandlungen bis Dienstag erwartet, Ruhani)
WIEN (dpa-AFX) - Im Atomkonflikt mit dem Iran sind die letzten Meter bis zur angestrebten Einigung zur quälenden Nervenprobe geworden. Statt der von allen Seiten gewollten Entscheidung bis Montag zeichnete sich in Wien eine Fortdauer der Verhandlungen bis zum Dienstag ab. Ein Diplomat in Wien sagte, es gehe noch um letzte Formulierungen in dem voraussichtlich 100-seitigen Abkommen.
Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter kursierten unter Berufung auf einen westlichen Diplomaten Meldungen, dass bei entsprechenden Fortschritten eine Einigung am Dienstag möglich sei. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht. Zuvor hatte schon der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif ein Abkommen möglicherweise am Dienstag in Aussicht gestellt. Die Gespräche in Wien sind bereits in der dritten Woche.
Eine ursprünglich geplante große Runde fand zunächst nicht statt. "Es gibt noch Probleme, die wir ausräumen müssen. Vorher kann keine Rede von einer Einigung sein", sagte Irans Vizeaußenminister Abbas Araghchi in Wien. "Eine Einigung wäre ein Triumph der Diplomatie mit Gewinnern auf allen Seiten", schrieb Sarif am Abend im Kurznachrichtendienst Twitter.
Ziel der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands auf der einen Seite und des Irans auf der anderen Seite ist ein Abkommen, das sicherstellt, dass der Iran keine Nuklearwaffen entwickeln, die Atomkraft aber weiterhin zivil nutzen kann. Im Gegenzug sollen Sanktionen und UN-Waffenembargos gegen den Iran schrittweise fallen.
In jedem Fall ist am Dienstag eine Rede des iranischen Präsidenten Hassan Ruhani geplant. Die Anhänger Ruhanis wollen nach Darstellung informierter Kreise die iranischen Verhandler bei einer Einigung am Flughafen in Teheran triumphal empfangen.
Schon mehrfach war die Zeit für ein Ende der Gespräche verschoben worden. Im Iran hat das Innenministerium inzwischen grünes Licht für Straßenfeste im Falle einer Einigung gegeben.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf den Weltmächten vor, sie wollten in Wien "um jeden Preis" ein Abkommen im Atomstreit mit dem Iran erzielen. Ruhani habe am Wochenende in Teheran eine Hassparade gegen die USA und Israel angeführt, sagte Netanjahu. "Wenn die Konzessionen auch nach solchen eindeutigen Aufrufen zur Zerstörung der Verhandlungspartner weitergehen, dann besteht offenbar die Bereitschaft, um jeden Preis eine Vereinbarung zu erzielen", fügte er hinzu. "Es gibt weder einen Weg noch den Willen, dieses schlechte Abkommen zu verhindern."
Die jüngste Runde der Atomverhandlungen der 5+1-Gruppe (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) mit dem Iran hatte vor mehr als zwei Wochen begonnen. Als strittig galten zuletzt insbesondere Fragen rund um die Aufhebung der Sanktionen und des UN-Waffenembargos gegen den Iran.
Sarif sagte bei einem Treffen mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi: "Wir machen weiter, solange es notwendig ist." Am Sonntagabend hatte Sarif noch gesagt, es werde keine weitere Verlängerung geben. Von deutscher Seite hieß es gleichzeitig, noch könne alles scheitern, aber man stehe in der Tat kurz vor dem Ziel.
Frankreichs Präsident François Hollande sagte am Vormittag in Brüssel, er könne das Ergebnis der Verhandlungen in Wien nicht vorhersagen. Es stimme aber, dass man nicht mehr sehr weit von einer Einigung entfernt sei. Hollande fügte allerdings hinzu: "Nicht weit weg zu sein bedeutet nicht, dass man schon am Ziel ist."/mrd/ctt/fmb/al/le/DP/he
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