Regensburg (ots) - Praktisch werden nur die Türschilder ausgetauscht, wenn die langjährigen Erzfeinde ihren bisherigen Vertretungen wieder vollen diplomatischen Status verleihen. Politisch bringt dieser Akt aber eine Zeitenwende für die schwer belastete Vergangenheit zwischen der Supermacht und dem kommunistischen Regime. Es war nicht einfach, an diesem Punkt anzukommen. Weder die zweijährigen Geheimverhandlungen, die ohne Vermittlung des Vatikan vermutlich im Sande verlaufen wären. Noch das sieben-monatige Tauziehen nach Verkündigung des ersten Durchbruchs im Dezember, bei dem beide Seiten über die Details der im Grundsatz vereinbarten Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen stritten. Das Misstrauen auf beiden Seiten der Straße von Florida ist nach mehr als einem halben Jahrhundert kalten Krieg überall präsent. Umso mehr verdient der Mut der Verfechter einer Öffnungspolitik Anerkennung - hier wie dort. Wäre es doch sehr viel einfacher gewesen, den Forderungen der Hardliner nachzugeben und den Status quo zu wahren. Zyniker sind schnell dabei, die Kompromissbereitschaft Havannas als Ausdruck der verzweifelten wirtschaftlichen Lage zu interpretieren. Tatsächlich war diese noch nie rosig auf der real-sozialistischen Karibik-Insel. Doch für Havanna funktionierte das von den USA verhängte Embargo stets recht gut als Ausrede, die Defizite des eigenen Systems hinwegzureden. Gleichzeitig isolierte es die Supermacht in der Hemisphäre, die wenig Verständnis für den harschen Kurs aufbrachte. Die Aufnahme diplomatischer Kontakte ist der Anfang vom Ende der Legende, die es viel zu lange erlaubte, dem "Klassenfeind" die Probleme auf der Insel in die Schuhe schieben. Je mehr die USA die Kubaner durch Dialog, Handel und Tourismus herausfordern, desto mehr gerät das Regime in die Bredouille. Deshalb kann und darf die Botschafts-Eröffnung nicht der letzte, sondern muss der erste signifikante Schritt einer Politik sein, die Wandel durch Annäherung möglich macht. Es wird höchste Zeit nun auch das unsinnige Embargo zu beenden. Die Hardliner in den USA müssen sich zu Recht die Frage gefallen lassen, was sie mit ihrer Blockade erreicht haben. Die Antwort fällt eindeutig aus: Leider nicht viel. Die Castro-Brüder sitzen noch immer fest im Sattel und unterdrücken ihre politische Opposition wie gehabt. Hat es angesichts dieser traurigen Bilanz viel Sinn, etwas Neues zu versuchen? Wer von der Anziehungskraft westlicher Demokratie wirklich überzeugt ist, konnte kaum anders als auf diese Kehrtwende zu hoffen. Jeder Geschäftsmann, der nach Havanna reist und jeder Tourist, der an den weißen Stränden einen Urlaub bucht, ist ein Botschafter der Freiheit. Private Investitionen in die maroden Telekommunikationsnetze der Insel sind nicht nur gut für US-Unternehmen, sondern auch für die Bürgerrechte. Schaffen sie den Kubanern doch Zugang zu den Informationsströmen des Internets. All das bedeutet weder Reformen über Nacht noch Wandel ohne Widerstand. Kuba bleibt eine Diktatur, die großen Nachholbedarf bei Bürger- und Menschenrechten hat. Wer das nicht sehen will, muss sich Blauäugigkeit vorhalten lassen. Aber die Saat ist gesetzt. Wie einst in Deutschland, als Willy Brandt und Egon Bahr gegen den erbitterten Widerstand der Opposition etwas Neues versuchten, das erst 20 Jahre später Früchte trug. US-Präsident Obama wird denselben Erfolg haben. Denn je mehr die Kubaner durch Austausch mit ,normalen' Amerikanern über das wirkliche Leben erfahren, desto unwiderstehlicher wird der Ruf der Freiheit. Die Wiederaufnahme voller diplomatischer Beziehungen schafft die Grundlage dafür.
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