Regensburg (ots) - Ein Jahr nach dem tragischen Tod des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson dämmert den Amerikanern, dass etwas nicht stimmt an der Art, wie Schwarze von Polizei und Justiz in den USA behandelt werden. Erkennbar wird ein Muster, das die Betroffenen nur zu gut kennen. Die Übergriffe beginnen oft genug mit einer Bagatelle. Jemand geht wie Brown in Ferguson mitten über die Straße. Oder vergisst wie Sandra Bland in Houston vor dem Wechsel der Spur zu blinken. Jedes Mal eskalierte die Situation - so weit, bis eine unbewaffnete schwarze Person tot war. Erschossen auf der Straße. Erwürgt im Polizeigriff. Erhängt in der Zelle. Ein anderer Ort, dieselbe Geschichte - der sinnlose Tod Michael Browns in Ferguson, Missouri, sensibilisierte die Amerikaner für die unangenehme Wahrheit, dass schwarze Leben immer noch nicht richtig zählen - trotz Barack Obama im Weißen Haus. Eine Untersuchung des US-Justizministeriums aus dem März dieses Jahres bestätigte, dass Afro-Amerikaner überdurchschnittlich oft ins Visier der Ordnungshüter geraten und dabei unfair behandelt werden. Ein Jahr nach Ferguson haben sich in dem Vorort von St. Louis selbst ein paar Dinge verändert. Die bis dahin ausschließlich weiße Polizei hat schwarze Neuzugänge und einen Afro-Amerikaner als Chef. Das örtliche Gericht reaktivierte einen schwarzen Richter, der erstmals seit langem gesunden Menschenverstand walten lässt. Und es gibt die vor Ort benötigte Hilfe beim Wiederaufbau der bei den Unruhen zerstörten Geschäfte. All das hat die klaffenden Wunden in der US-amerikanischen Gesellschaft nicht vernarben lassen - sondern bestenfalls mit einem Pflaster versehen. Dennoch bedeutet der Tod Michael Browns eine Zäsur, die das Selbstbild der US-Amerikaner verändert hat. 2013 gaben noch mehr als Zwei Drittel in Umfragen zu Protokoll, sie fänden die Behandlung der Schwarzen ganz in Ordnung. Heute dagegen denken 53 Prozent, das Land müsse mehr dafür tun, den Afro-Amerikanern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Während der Fall Trayvon Martin in Florida die öffentliche Reaktion entlang Schwarz und Weiß noch spaltete, führte die regelmäßige Berichterstattung über Polizeigewalt und immer neue Übergriffe zu einem Umdenken. Genau so, wie auch das Entstehen der neuen schwarzen Bürgerrechtsbewegung "Black Lifes Matter" (dt. Schwarze Leben Zählen) zu diesem Umdenken beitrug. Dass ausgerechnet in der Amtszeit des ersten schwarzen Präsidenten im Weißen Haus die schwersten Rasseunruhen seit den 90-er Jahren ausbrachen, erweist sich als grausame Ironie der Geschichte. Eine Ironie, die beweist, dass die US-Gesellschaft ihr Rassismus-Problem in Wahrheit noch längst nicht überwunden hat. Ein Jahr nach dem Tod Michael Browns in Ferguson ist das Bewusstsein dafür gewachsen.
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