Trotz massiver Steigerung der Zahl der Asylbewerber und hoher Ablehnungsquoten werden nur wenige Ausländer tatsächlich abgeschoben. Nach Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) lagen zwischen 2010 und 2014 die Zahlen zwischen rund 7.500 und 10.800 Abschiebungen.
In manchen Bundesländern, so berichtet die F.A.S., wurden in der ersten Hälfte dieses Jahres trotz einer Verdreifachung der registrierten Flüchtlinge weniger Personen abgeschoben als im Vorjahreszeitraum. Besonders auffällig sind Schleswig-Holstein und Thüringen, das von einer rot-rot-grünen Koalition regiert wird. In Thüringen wurden 2014 noch 234 Personen abgeschoben. In diesem Jahr waren es bis Ende Juni 59. Abgesehen von Vollzugshindernissen wie fehlenden Papieren und Krankheits-Attesten trägt offenbar auch eine schlechte Personalausstattung zu der Situation bei.
Nach einem internen länderübergreifenden Bericht war bei einer Stichprobe unter 55 Ausländerbehörden in den vergangenen fünf Jahren die Zahl der Sachbearbeiter nur in sieben Ämtern erhöht worden. Alle anderen blieben konstant, einige strichen sogar Stellen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer, sagte dazu der F.A.S.: "Die mangelhafte Abschiebung abgelehnter Asylbewerber ist eines der Hauptprobleme bei der Bewältigung der angespannten Asylsituation." Mayer forderte in der F.A.S.: "Die Länder müssen dieses Instrumentarium nutzen und so zur Lösung der Asylsituation beitragen. Sie sind für die Aufenthaltsbeendigung zuständig. Die Ablehnung im Asylverfahren darf nicht durch Verzicht auf die Abschiebung unterlaufen werden. Gerade in den rot-grün regierten Länder fehlt da oft der politische Wille."
Thüringens Innenminister Poppenhäger (SPD) sagte der F.A.S.: "Abschiebungen sind grundsätzlich rechtsstaatliche Mittel, um ein geordnetes Asylverfahren sicherzustellen."
In der Zentralen Abschiebestelle sei, so Poppenhäger, die personelle Besetzung "soeben auf das Doppelte aufgestockt worden". Nach Informationen der F.A.S. arbeiten dort künftig acht Personen statt bisher vier. Unterdessen übte die CDU-Opposition in Nordrhein-Westfalen scharfe Kritik an der rot-grünen Landesregierung und Innenminister Jäger (SPD), der seinerseits dem Bund Tatenlosigkeit bei der Bewältigung der Flüchtlingslage vorgehalten hatte. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag, André Kuper, sagte der F.A.S.: "Innenminister Jägers Rufe nach Berlin sind ein reines Ablenkungsmanöver vom eigenen Organisationsversagen bei der Erstaufnahme der Flüchtlinge. Noch immer ist es ihm nicht gelungen, ein ordnungsgemäßes und geregeltes Aufnahmeverfahren für Menschen zu gewährleisten, die nach NRW kommen. Die Landesregierung arbeitet planlos im Krisenmodus von Tag zu Tag und verlagert die Verantwortung für die Unterkunft der Flüchtlinge mit jedem Tag mehr auf die Notunterkünfte und damit in die Verantwortung der Kommunen."