Regensburg (ots) - Es war ein bezeichnender Tag für die bayerische Asylpolitik, in der sich fortlaufend und nicht selten über Nacht neue Probleme auftürmen: Während Sozialministerin Emilia Müller am Dienstag in Manching das erste Abschiebezentrum für Balkanflüchtlinge eröffnete, in dem die CSU-Regierung Asylbegehren so schnell abwickeln lassen will, dass Menschen aus dem Kosovo und Montenegro künftig von vornherein von einer Flucht nach Deutschland abschreckt sind, spitzte sich die Lage auf dem Münchner Hauptbahnhof zu. Auslöser war die kürzliche Ankündigung Deutschlands, Syrien-Flüchtlinge nicht mehr in das Land abzuschieben, in dem sie erstmals Boden der EU betreten haben. Ungarn nahm das als Freibrief für die Abreise der Syrer aus Budapest - auch Österreich betrachtete sich nur noch als Transitland. Das zeigt, welch ungeplante Folgen grundsätzlich richtige Entscheidungen haben können. Deutschland wollte Bürgerkriegsflüchtlingen, die hier sind, ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. An neue Anreize war nicht gedacht. Es gibt dieser Tage eine Vielzahl guter und gut gemeinter Rezepte - aber auch vermeintliche Lösungen, die die Probleme nur an andere Orte verlagern. Das neue Abschiebezentrum in Manching zählt dazu. Sicher werden sich dort Asylverfahren aus Balkanländern deutlich verkürzen lassen. Auch das abschreckende Moment wird funktionieren. Die Schweiz hat es vorexerziert. Als das Nachbarland 2012 ein 48-Stunden-Asylschnellverfahren für sichere Herkunftsländer einführte, brachen die Zahlen der Asylbewerber aus diesen Staaten rasant ein und blieben seitdem auf einem Tiefstand. Doch die Menschen vom Balkan sind weiter auf der Flucht, sie suchen sich nur neue Ziele - selbst wenn sie dabei künftig auch um Bayern einen großen Bogen machen. Nichtsdestotrotz ist das Abschiebezentrum auch der Versuch einer Antwort auf eine offensichtliche Fehlentwicklung. Das deutsche Asylrecht ist für Menschen vom Balkan tatsächlich in den seltensten Fällen eine echte Option, um neue Wurzeln zu schlagen. Die wenigsten Flüchtlinge erfüllen das Kriterium, in irgendeinerweise politisch verfolgt zu sein. Sie klopfen in ihrer Not an die falsche Tür, weil ihnen anderen Zugangspforten nicht offen stehen. Ihre Abschiebung ist damit früher oder später zwangsläufig. Ein Automatismus, in dem kein Platz dafür ist, dass viele, die nun ihm Eiltempo zurückgeschickt werden, bei genauerem Hinsehen als Neubürger sehr wohl interessant wären, weil sie hochmotiviert und einsatzbereit sind. Angesichts mindestens 800 000 Flüchtlingen dieses Jahr in Deutschland und 120 000 in Bayern entfällt dieses genaue Hinsehen bedauerlicherweise. Im Zentrum stehen zu stark kurzfristigeLösungsversuche. Der CSU-Regierung ist - bei allen falschen Tönen der letzten Wochen - zumindest anzurechnen, dass sie Problemfelder früh benannt hat. Geschuldet auch dem Umstand, dass der Freistaat an Hauptfluchtrouten liegt und früh tangiert war. Man hat hier auch aus Fehlern gelernt. Seit dem Desaster 2014 in der überfüllten Bayernkaserne tagt regelmäßig ein Asylstab mit Verantwortlichen aus ganz Bayern - ein Modell auch für die Bundesebene. Die Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen ist für andere Bundesländer ein Vorbild. Gerade eben führt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mit verstärkter Schleierfahndungen auf der A3 Grenzkontrollen quasi über die Hintertür ein. Weil die EU wegen des Schengen-Abkommens jede dauerhafte Aufweichung direkt an der Grenze verbietet, werden Pässe und Fahrzeuge nun auf Rastplätzen wenige Kilometer weiter in Augenschein genommen. Asylbewerber einfach passieren zu lassen, ist zu Recht keine Option. Bayern hat aktuell eine Hauptlast zu tragen, eben weil es die Pflicht zur Registrierung von Flüchtlingen ernst nimmt, ohne bisher große Solidarität anderer Bundesländer zu erfahren. Es läuft ähnlich, wie in der EU. Jeder duckt sich solange weg, wie es geht. Eine lobenswerte Ausnahme bildet Baden-Württemberg. Das grün-rot regierte Land erklärte sich am Dienstag sofort bereit, einen Teil der Syrien-Flüchtlinge vom Münchner Hauptbahnhof aufzunehmen. Solidarität und parteiübergreifende Lösungen: Sie sind in der Asylpolitik tatsächlich das beste Erfolgsrezept. Auch das lässt sich aus dieser Woche lernen.
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