Bielefeld (ots) - Die auffälligsten Fahrzeuge, die auf dem kleinstadt-großen Campus von Google unterwegs sind, sind die gelb-rot-grün-blauen Fahrräder. Google-Mitarbeiter nehmen sich eines, fahren zum nächsten Gebäude, lassen es stehen. Der nächste, der noch ein Stückchen weiter will, kann das Rad einfach übernehmen. Ganz selbstverständlich. Wenn auch für einen Internet-Konzern irgendwie aus der Zeit gefallen. Da können Googles selbstfahrende Autos nicht mithalten, auch wenn sie an der Spitze der Bewegung rollen. Da fehlt ihnen der zugegebenermaßen etwas schräge Charme. Dass die selbstfahrenden Autos, die autonomen Gefährte, die Roboter ohne Gaspedal und Lenkrad, offenbar wichtiger sind als alle anderen Themen auf der Internationalen Automobilausstellung, ist natürlich auch Googles Verdienst. Die etablierte, mehr als 100 Jahre alte Autoindustrie fürchtet offenbar, dass die Konzerne aus dem Silicon Valley ihnen die Butter vom Brot nehmen könnten. Dass das vernetzte Fahren jetzt von den europäischen Autokonzernen derart forciert wird, ist nichts anderes als eine Verteidigungsstrategie gegen die so unheimliche Konkurrenz aus dem Internet. Die Google-Entwickler haben gerade erst erklärt, dass sie spätestens in vier Jahren so weit sein wollen, dass das autonome Fahren serienreif ist. Das heißt, hier ist Druck auf dem Kessel. Druck, den natürlich auch die heimischen Autobauer spüren. Die Frage ist allerdings: Müssen sie sich diesem Druck beugen angesichts der vielen Unwägbarkeiten, die das Thema noch mit sich bringt? Wer will wirklich einem Algorithmus die Entscheidung überlassen, ob man eher einem Menschen, einem Tier oder aber einem festen Hindernis ausweichen will, wenn eine Kollision auf glatter Strecke droht? Was ist mit der Sorge, dass die Steuerungselektronik des autonomen Autos von Hackern geknackt werden könnte? Bisher gilt schließlich noch immer die bittere Erkenntnis, dass sich letztlich jede Software hacken lässt. Die nächste Frage ist, wie viel Technik die Menschen denn tatsächlich nutzen können und dann auch nutzen wollen. Egal ob Auto, Elektrogerät oder Smartphone: Jedes Gerät bietet doch weit mehr Möglichkeiten, als unsereiner wirklich gebrauchen kann. Wer nutzt schon jede denkbare App auf seinem Smart-TV, wer hat schon alle Fahrstil-Voreinstellungen seines Autos genutzt? Menschen sind eben zögerlich, wenn es um Veränderungen in ihrem Leben geht. Meistens hat das nicht geschadet. Bevor die Autoindustrie also all ihr Gehirnschmalz in die Entwicklung des automatisierten Fahrens steckt, sollte sie sich um das Abarbeiten uralter Baustellen kümmern. Wo bleibt der Wille zur Innovation, wenn es etwa um das Thema Spritsparen geht? Muss ein moderner Mittelklasse-Kombi etwa immer noch mehr als sieben Liter auf 100 Kilometer schlucken? Wo ist die breite Palette von Hybrid-Fahrzeugen? Was ist mit der Elektromobilität? Da ist die Industrie nicht über leere Versprechungen hinausgekommen. Hier müssen die Konzerne ihre Hausaufgaben machen. Das ist Pflicht, automatisiertes Fahren ist dann die Kür. Übrigens: Autonomes Fahren gibt es schon von jeher. Sogar mit dem Fahrrad, ob nun gelb-rot-grün-blau oder grau-metallic. Früher nannten wir das schlicht "freihändig fahren". Und sind dabei damals schon auf die Nase gegangen.
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