Düsseldorf (ots) - Die Spekulationen über die Flüchtlingszahlen helfen nicht weiter. Am 31. Dezember werden wir es wissen. Wichtiger ist nun eine sachliche Debatte darüber, dass es selbst im Organisations-Musterland Deutschland eine faktische Belastungsgrenze gibt. Wir wissen doch nicht einmal genau, wie viele täglich wirklich kommen. Eine ehrliche Analyse ist zwingend, damit die Solidarität der Vielen bestehen und das Bollwerk der Demokraten gegen fremdenfeindliche Brandstifter stark bleibt. Man muss deshalb Bundespräsident Gauck und dem zuletzt unverhältnismäßig scharf kritisierten CDU-Innenminister de Maizière für ihre mahnenden Worte danken. Diese hätten auch von der Kanzlerin kommen dürfen. Ihre humane Geste der Grenzöffnung widerspricht dem übrigens nicht. Die Welt muss wissen, wann Deutschland es nicht mehr schafft. Und die Flüchtlinge müssen wissen, dass Integration eine Bringschuld ist. Wer zu uns will, muss die Verfassung akzeptieren. Nur wenn wir unsere staatliche Identität offensiv verteidigen, sind wir integrationsfähig. Zu dieser Identität gehört etwa die Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Recht auf freie Meinung, ja sogar auf Religionssatire. Das ist der Boden, auf dem Deutschland zum weltweiten Sehnsuchtsort für Verfolgte und Frustrierte gedeihen konnte. Wer einwandern will, muss diese Kultur der Ordnung akzeptieren. Das ist keine rechte Stimmungsmache, sondern eine Binse. Und es gehört zum positiven Grundton gegenüber Flüchtlingen, der an dieser Stelle oft vertreten wurde, dazu. Die Meldungen, wonach arabischstämmige Flüchtlinge weibliche Behördenmitarbeiter als Gesprächspartner ablehnen, mögen Einzelfälle sein. Dass ethnische Konflikte in Gewalt ausarten, mag der psychischen Tortur der Flucht geschuldet sein. Tolerabel ist beides nicht. Behördenwillkür ist ebenfalls gefährlich. Im Sauerland haben Kommunen einen Bereich einer Grundschule, der erst Ende des Jahres geschlossen werden sollte, kurzerhand für Flüchtlinge umgewidmet. Eine Information an die Eltern gab es nicht. In Berlin soll notfalls auch die Enteignung von Privatwohnungen möglich sein, wenn diese zu leerstehenden Gewerbeimmobilien gehören. Vorsicht! Das Grundrecht auf politisches Asyl darf nicht zur Aushöhlung des Rechts auf Eigentum führen. Damit der historische Imperativ der Kanzlerin, "Wir schaffen das!", nicht als Irrtum der Geschichte endet, ist Besonnenheit das Maß der Dinge. Wir schaffen das. Aber nur, wenn der kühle Verstand zum "weiten Herz" (Gauck) dazukommt.
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