Bielefeld (ots) - Das war zu befürchten. Mitten in der Krise, die durch den massenhaften Zustrom von Flüchtlingen ausgelöst wurde, taten sich die Staats- und Regierungschefs leicht, Forderungen zu beschließen. Details brauchte man - zunächst - nicht. Doch genau die machen nun rasche Maßnahmen unmöglich. Eine europäische Grenzpolizei kann man eben nicht einfach an die griechische oder ungarische Außengrenze stellen. EU-Grenzschützer müssen wissen, welche Kompetenzen sie haben, wenn sie in den Hot-Spots ankommende Asylbewerber registrieren sollen. Wie sollen sie mit Widerstand oder Verweigerung umgehen? Wer schützt sie vor einem Massenansturm? Fragen, die zu beantworten sind, bevor es zu Auseinandersetzungen an den Übergängen kommt. Dass die EU immer noch nicht als politische Einheit handelt, sondern in immer mehr Einzelkämpfer zerfällt, stimmt. Ratspräsident Donald Tusk hat das gesehen und die Notbremse gezogen: Statt eines »richtigen« Gipfeltreffens bleibt es bei einem absehbar ergebnisarmen Meinungsaustausch beim Abendessen. Das ist bitter. Nicht nur für die betroffenen Länder und für die Helfer, sondern auch für diejenigen, die durchaus ein Recht auf Asyl haben. Es wird Zeit, wieder für Ruhe in dem politischen Hexenkessel zu sorgen. Dass Europa das beim Mini-Gipfel wohl wieder nicht schaffen wird, ist schwer verständlich. Nicht einmal die von der EU-Kommission versprochene Förder-Milliarde für Flüchtlingslager auf türkischem Boden konnte eingesammelt werden. 500 Millionen hatte die EU-Behörde aus bereits bestehenden Programmen für Ankara zusammengekratzt, die zweite halbe Milliarde sollte von den Mitgliedstaaten kommen. Jetzt musste EU-Kommissar Johannes Hahn feststellen, dass die EU-Regierungen nur knapp die Hälfte der eigentlich zugesagten 500 Millionen bereitgestellt haben. Selbst wenn der Flüchtlingsstrom im Winter nachlasse, müsse die Gemeinschaft auf »noch größere Wellen« im Frühjahr vorbereitet sein, sagt Tusk. Bei einer Reise durch die Region hätten ihm dies mehrere politische Führer bestätigt. Will die Union bis dahin die Hände in den Schoß legen? Die Vorwürfe an die EU, sie tue wenig bis nichts, waren bisher nicht fair. Das Arbeitsprogramm der Kommission stammt aus dem Frühjahr. Es enthält richtige und konstruktive Ansätze. Aber die Mitgliedstaaten blockieren - aus nationalem und egoistischem Interesse. Spätestens jetzt stimmt deshalb der Vorwurf, dass Europa sich nicht nur uneinig ist, sondern sich auch nicht verständigen kann. Tusk hätte gut daran getan, den Gipfel so abzuhalten, wie er geplant war - und den Druck auf die Staats- und Regierungschefs zu erhöhen, bis Lösungen gefunden wurden. Dafür wäre nicht eine Verkürzung, sondern eher eine Verlängerung des Gipfels verständlich gewesen.
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