Bielefeld (ots) - Man könnte es Erpressung nennen. Der türkische Staatspräsident hat Europa in der Hand. Ohne tatkräftige Mithilfe von Recep Tayyip Erdogan bekommt die Europäische Union (EU) das Flüchtlingsproblem nicht in den Griff. Dass der sich den Deal vergolden lässt, bleibt nachvollziehbar. Seine Wunschliste umfasst praktisch alles, woran in den vergangenen Jahren eine Annäherung Ankaras an die Gemeinschaft gescheitert ist. Visa-Erleichterungen, Neustart der Beitrittsverhandlungen und eine stattliche Summe von drei Milliarden Euro für den Bau von zusätzlichen Lagern. Natürlich wird Europa zustimmen. Der Druck von Hunderttausenden Asylbewerbern ist zu groß. Und ohne Erdogans Hilfe lässt er nicht nach. Vor diesem Hintergrund fällt es schwer, von einer neuen Liebe der beiden Seiten füreinander zu sprechen. Was Europa und die Türkei gerade zusammenschweißt, ist eine Zweckgemeinschaft. Nicht mehr. Und dennoch tut die Europäische Union gut daran, Erdogan nicht länger zu verteufeln. Der türkische Staatspräsident tritt zwar die meisten europäischen Errungenschaften mit Füßen, aber er ist und bleibt ein berechenbarer und stabiler Ordnungsfaktor in einer Region, die instabiler nicht sein könnte.
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