Berlin (ots) - Die Schüsse von Paris hätten jeden von uns treffen können, als Samstagsflaneure, als Konzertbesucher, als Fußballfans. Blindwütig wurde auf Menschen gefeuert. Terrorismus erscheint als wirre Brutalität. Doch das ist falsch. Mögen Menschen mit MG und Bombengürtel verblendet sein, die Drahtzieher dahinter haben einen kalten Plan: Das Attentat ist nicht dessen Ende, sondern Anfang. Die Gegner, also wir, sollen immer weiter verängstigt und zu Kurzschlussreaktionen getrieben werden. Vor 14 Tagen erst rühmte sich der IS, eine russische Passagiermaschine mit 224 Passagieren abgeschossen zu haben. Aus lauter Angst vor der Freiheit, so das tückische Kalkül, ballern wir schließlich auch blindwütig um uns. Und schaffen unsere Freiheit schließlich selbst ab. So schmutzig die Mörder von Paris auch wüteten: Unser größter Feind ist und bleibt unsere eigene Angst. Der größte Feind des Terrorismus dagegen ist kluges, besonnenes Handeln. Dazu gehören aufmerksame Geheimdienste. Aber keine Paranoia. Und die Kraft, den erstbesten Reflexen und Rhetoriken zu widerstehen. Schwache Anführer betrachten Attentate als Chance, Härte zu zeigen, so wie George W. Bush nach 9/11. Es folgten die Kriege in Afghanistan und im Irak. Und 14 Jahre später? Bin Laden und Saddam sind tot. Aber die Taliban wüten unvermindert weiter. Saddams Offiziere haben den IS erfunden. Die Militäreinsätze haben weit mehr Tote und Traumatisierte gefordert als der Angriff aufs World Trade Center. Abermilliarden wurden verpulvert, failed states geschaffen, dem Terror noch Zulauf verschafft. Krieg ist eine emotionale, aber keine kluge Antwort, erst recht nicht, wenn es keinen Plan für das Danach gibt. Genau diese Eskalation von Gewalt gehört zum Teufelsplan des Terrors. Frankreichs Regierungschef François Hollande spricht, wie damals Bush, von kriegerischen Akten. Wie einst Bundeskanzler Gerhard Schröder gelobt Angela Merkel Bündnistreue. Wie bei den Taliban und Afghanistan ist die Lage rund um IS und Kurden, Syrien und Irak, EU und Türkei, Russland und den USA hochkomplex. Wer von Krieg spricht, muss wissen, wo eigentlich welcher Gegner sitzt. Es gehört zu den Widersprüchlichkeiten dieser Welt, dass ein Staat an Dax-Unternehmen beteiligt sein, eine Fußball-WM ausrichten und zugleich den internationalen Terrorismus fördern kann. Dass unsere Zivilisation, unsere Werte, unsere freien Leben angegriffen wurden, wird nach solchen Grausamkeiten richtigerweise festgestellt. Die fundamentale Frage dahinter aber lautet: Wie reagiert diese, unsere Zivilisation auf solche Angriffe? Mit Luftschlägen? Das britisch-kühle "Keep calm and carry on" bietet sicher keine befriedigende Antwort. Aber womöglich die am wenigsten falsche.
Den Leitartikel gibt es auch unter http://www.morgenpost.de/meinun g/article206575937/Die-Gegner-der-Terroristen-von-Paris-sind-wir-alle .html
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