Bielefeld (ots) - Was bleibt nach den Bundesparteitagen der SPD und CDU? Erst einmal der Eindruck, dass bei der CDU die Vernunft gesiegt hat und bei der SPD das Gefühl. Die Klischees scheinen bestätigt: hier der Kanzlerwahlverein, da die Partei mit Hang zur Selbstzerstörung, hier Verantwortungsethik, da Gesinnungsethik. Angela Merkel hat in Karlsruhe Ruhe und Zeit gewonnen. Mehr nicht. Unter dem Strich ist der Leitantrag zur Flüchtlingspolitik eine Selbstvergewisserung und Absichtserklärung der Kanzlerin. Eine Obergrenze wäre mit der SPD ohnehin nicht zu machen. Warum also die Regierungschefin auf dem Parteitag beschädigen? Die CDU hat ihrer Vorsitzenden den Rücken gestärkt - für die Öffentlichkeit und gegenüber den Koalitionspartnern SPD und CSU. Geeint ist die CDU nicht. Denn der Leitantrag führt nicht zu einer schnellen Verbesserung der Lage in den Kommunen. Das werden die Abgeordneten in ihren Wahlkreisen von Bürgern und Bürgermeistern zu hören bekommen. Und auch nach Karlsruhe bleibt die Gretchenfrage unbeantwortet: Was hat Angela Merkel am 4. September dazu getrieben, Tausende Flüchtlinge ins Land zu lassen und dabei die in der Praxis wichtigsten EU-Abkommen außer Kraft zu setzen? »Das war nicht mehr und nicht weniger als ein humanitärer Imperativ«, wiederholte Merkel. Noch immer wird über die Ursachen der einsamen Entscheidung spekuliert. Die Bundeskanzlerin stand Anfang September unter dem Einfluss dreier starker Eindrücke: Wenige Tage zuvor waren in Österreich 71 Flüchtlinge in einem Kühltransporter erstickt, das Bild des toten syrischen Jungen am Strand von Bodrum war um die Welt gegangen - und vor allem litt sie noch unter den Folgen des Treffen mit dem palästinensischen Flüchtlingsmädchen Reem, wonach Angela Merkel Gefühllosigkeit vorgeworfen wurde. Vielleicht wollte sie als Gegenreaktion ein emotionales Zeichen setzen. Jedenfalls ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass Merkel - wie beim Atomausstieg - bewusst ein grünes Thema besetzen wollte. Mit ihrem Flüchtlingskurs hat sie aber nebenbei die letzte Hürde aus dem Weg geräumt - für eine Koalition mit den Grünen auf Bundesebene. Schwarz-Grün hätte Angela Merkel schon 2013 bevorzugt, doch mit den Alt-Grünen Jürgen Trittin und Claudia Roth war das noch nicht zu machen. Auch mit der CSU unter Horst Seehofer scheint Schwarz-Grün kaum drin. Und wohl auch nicht mit seinem potenziellen Nachfolger Markus Söder. Heute spricht viel dafür, dass es über September 2017 hinaus bei der Großen Koalition bleibt. Die SPD muss endlich begreifen, dass sie mit der CDU mehr aus ihrem Programm (Rentenpaket, Mindestlohn) durchgesetzt hat, als es mit den Grünen möglich gewesen wäre. Aber die SPD lässt sich eben gerne bitten und mit Ministerposten überzeugen.
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