Regensburg (ots) - Der Solidaritätszuschlag ist in etwa so beliebt wie Zahnschmerzen. Dennoch fanden die Bundeskassenwarte seit fast 25 Jahren nichts Schlimmes daran, den munter sprudelnden Aufschlag auf die Einkommenssteuer beizubehalten. Eben weil er so munter sprudelt und Milliarden in die Kasse des Bundes spült. Theo Waigel hatte seinerzeit die geniale Idee. Als Anlass diente seinerzeit der Golf-Krieg von US-Präsident George Bush senior. Deutschland schickte damals zwar keine Truppen in den Krieg, wohl aber einen dicken Scheck über fast 17 Milliarden. Trotz aller Attacken gegen ihn hat der Soli das Zeug, zu einer Langzeitabgabe zu werden. Ähnlich dem immer wieder hervorgekramten Beispiel der Schaumweinsteuer, die 1902 auf Drängen von Kaiser Wilhelm II. zur Finanzierung der deutschen Kriegsflotte eingeführt worden war. Noch heute wird diese Steuer auf Sekt, Champagner und ähnliche Getränke erhoben. Dabei gehört der Soli, dessen Existenzberechtigung mit dem fortschreitendem Aufbau der neuen Ländern entfällt, längst abgeschafft. Den letzten Vorstoß in dieser Richtung machten die drei Großen der Koalition, Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel, im Frühjahr. Damals verständigte man sich auf die salomonische Regelung, den Soli ab 2020 in zehn Jahresschritten auf null abzusenken. Man könnte auch sagen, die Großkoalitionäre haben den Soli auf Eis gelegt. Dass und wie Horst Seehofer den Zankapfel Soli jetzt nun erneut aufgreift, hat andere Hintergründe. Er betreibt ein Gedankenspiel: was wäre wenn? Was wäre, wenn wir den Flüchtlingsstrom doch nicht begrenzen können? Wenn es doch keine Obergrenzen gibt für die Aufnahme der Zuflucht suchenden Menschen in Willkommens-Deutschland? Und schwups hat er seine Lieblingsforderung, die erst vergangene Woche von Kanzlerin und CDU abgeschmettert worden war, wieder ins Spiel gebracht. Allerdings war dieser Coup Seehofers nicht etwa clever, sondern er ist brandgefährlich. Es ist der Versuch, alten Wein in neuen Schläuchen erneut unters Volk zu bringen. Unredlich ist er obendrein. Denn erstens suggeriert er, dass Deutschland nicht die Mittel habe, die Flüchtlinge, die im Land bleiben dürfen, unterzubringen, zu versorgen und vor allem in unsere Gesellschaft zu integrieren. Doch das ist falsch. Gerade derzeit sprudeln die Staatseinnahmen wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Rein finanziell betrachtet, hat Merkel recht: Wir schaffen das! Hinzu kommt, dass viele der zumeist jungen Ankommenden zumindest mittelfristig zur Stabilisierung der Sozialkassen und zu mehr Einnahmen in den Steuertöpfen beitragen werden. Die 50-jährige Geschichte der "Gastarbeiter" in Deutschland hat dies gezeigt. Politisch gefährlich und unverantwortlich ist Seehofers Vorstoß zweitens deshalb, weil er Wasser auf die Mühlen von rechten Dumpfbacken, unverbesserlichen Rechtsextremen, Flüchtlingshassern und Pegida-Leuten leitet. Die fühlen sich nun durch den CSU-Chef bestätigt. Dass überdies Entscheidungen über die Zukunft des Soli in nächster Zeit gar nicht anstehen, verschweigt Seehofer an dieser Stelle geflissentlich. Aus Absicht oder zur Vernebelung, sollte er selbst erklären. Seehofer ist kein heuriger Hase. Er weiß, welche Wirkungen solche leichtfertig hingeworfenen Sätze haben können. Mitunter wirken sie wie Brandsätze.
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