Heidelberg (ots) - So offen ist in der Partei noch nie Kritik an Merkel geübt worden. Deshalb fällt die Reaktion auch so scharf aus, in fast schon Pofalla-verdächtigem Ton. Bezeichnend: Der Adressat von dessen berühmtem Wutausbruch, Wolfgang Bosbach, ist heute einer der beliebtesten CDU-Politiker. Und der Chor der Kritiker wird lauter und größer. Das böse Wort vom "Kanzlerwahlverein" könnte in diesen Tagen eine bedeutsame Entwicklung erfahren. Bislang besagte es, dass die Union dem, den sie zum Kanzler gemacht hat, mehr oder weniger blind folgt. Unter Kohl hat das 1998 zur Abwahl geführt. Nur ein einziges Mal sah er sich einer ernsten internen Rebellion gegenüber. Sein Machtbewusstsein hat sie kleingehalten - und dann machten ihn die äußeren Umstände zum ewigen Kanzler der Einheit. Merkel erlebt nun einen ähnlichen Moment mit umgekehrten Vorzeichen. Bislang ist ihr die Partei in die moderne, pragmatische Mitte gefolgt, weil ihr der Erfolg recht gab. Äußere Umstände bewirken nun, dass dieser Vertrag bröckelt - darüber mögen auch sowjetisch anmutende Zustimmungswerte beim Parteitag nicht hinwegtäuschen. Die Vorsitzende muss dem Kanzlerwahlverein eben auch das Kanzleramt sichern. In Umfragen reicht es derzeit nicht einmal zu Schwarz-Grün. Der Wahlverein ist nervös.
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