Regensburg (ots) - Vielleicht war die Begeisterung für Barack Obama in Deutschland immer schon größer, als in den USA. Sicher aber ist: Sie hat hierzulande länger angehalten als jenseits des Atlantiks. Obama, der als Wahlkämpfer Hoffnungsträger der amerikanischen Mitte, der Afroamerikaner und Hispanics war, blieb auch dann noch Heilsfigur einer deutschen Öffentlichkeit, als er Zuhause vor den Scherben seiner Versprechungen stand. Europa und vor allem Deutschland wollte an einen US-Präsidenten glauben, der vor allem eines war: nicht George W. Bush. Und so wundert es kaum, dass in Deutschland jeder damit rechnet, dass Hillary Clinton seine Nachfolgerin im Weißen Haus wird. Nur wählen nicht die Deutschen den US-Präsidenten. Sondern die Amerikaner. Und die ticken anders. Wer sich jetzt, kurz vor dem Caucus in Iowa, dem Auftakt der Vorwahlen, die Kandidaten ansieht, weiß, dass es eben nicht nur Hillary Clinton auf der einen und Donald Trump auf der anderen Seite gibt. Bernie Sanders hat durchaus Chancen, in dem Agrarstaat gegen die frühere First Lady zu gewinnen. Und Ted Cruz, extremer Hardliner der Republikaner, die wenige als gemäßigt beschreiben würden, könnte vielleicht dem Milliardär Trump diesen ersten Sieg abspenstig machen. Sicher: Iowa ist nur eine von vielen Vorwahlen, und wer hier gewinnt, hat die Präsidentschaftswahl noch lange nicht in der Tasche. Aber: Wer hier verliert, verliert einen Vorsprung. Der Blick auf die jeweils beiden Favoriten im Lager der Demokraten und der Republikaner sagt viel über den Zustand der Vereinigten Staaten. Trumps Erfolg gründet sich darauf, dass er sich einen feuchten Kehricht um politische Korrektheit schert. Dass er, ganz Populist, einfache Antworten auf komplexe Fragen gibt, egal, ob sie dem Problem gerecht werden oder überhaupt realistisch sind. Er spricht die Verunsicherten und die Frustrierten an, von denen es in den USA nicht erst seit der Finanzkrise genügend gibt. Ted Cruz vereint eine tiefe Religiosität, die trotz aller Aufgeklärtheit immer noch fester Bestandteil der US-Gesellschaft ist, mit einer Ablehnung des etablierten Politikbetriebs. Cruz ist, wie Trump, ein Anti-Obama - aber einer, dessen christlich-fundamentale Weltsicht wesentlich bedrohlicher ist als Trumps Selbstverliebtheit. Ein Anti-Obama ist der Demokrat Sanders in gewisser Weise auch. Obama wurde von den Republikanern oft beschuldigt, Sozialist zu sein. Sanders selbst spricht von sich als "demokratischem Sozialist", und das, was er an sozialem Umbau verspricht, lässt selbst Obamas bitter umkämpfte Gesundheitsreform nach einem Spaziergang aussehen. Also doch Clinton, die Obamas Politik fortzusetzen verspricht? Schön wäre es. Durch die US-amerikanische Gesellschaft zieht sich schon seit langem ein großer ideologischer Graben. Der Bruch verläuft meist entlang moralisch-ethischer Fragen: der Haltung zu Waffengesetzen, zur Gleichstellung von Lebensformen, zum Umgang mit Drogen. Oder, es geht um Grundsätzliches: um die Rolle des Sozialstaats oder des Staates generell und nicht zuletzt um die Rolle der USA in der Welt. Die beiden Seiten entlang dieses Grabens wurden lange durch die Demokraten und die Republikaner besetzt. Ein Blick auf Trump/Cruz und Clinton/Sanders zeigt, dass auch diese Ordnung Risse bekommt. Die Präsidentschaftswahl 2016 mag am Ende doch auf ein Duell zwischen Clinton und Trump hinauslaufen, das dann möglicherweise zugunsten der früheren Außenministerin ausgeht. Allein die Existenz und das Beharren einer Figur wie Donald Trump als ernsthafter Gegner einer etablierten, wenn auch spröden Politikerin belegt aber, dass die Vereinigten Staaten eben nicht so ticken, wie wir es gerne hätten. Die Tatsache, dass Kandidaten der Mitte bei den Republikanern, wie Jeb Bush, überhaupt keine Rolle mehr spielen, spricht Bände. Ebenso wie die Tatsache, dass mit Cruz oder Sanders Akteure mitmischen, die vielleicht zu extrem sind, um mehrheitsfähig zu werden. Aber beides, die fehlende Mitte und die zunehmende Stärke der Extremen, zeigt, wohin die Reise gehen könnte. 2016 werden Weichen gestellt für die Vereinigten Staaten. Möglicherweise viele, die uns nicht gefallen.
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