Bielefeld (ots) - Der Aufstand in Hollywood über die aus Sicht ihrer Kritiker weißgewaschenen »Oscar«-Nominierungen hat die Aufmerksamkeit des Präsidenten gewonnen. Barack Obama mischt sich in die Debatte um Rassismus in Tinseltown ein, weil der erste schwarze Mann im Weißen Haus intuitiv versteht, wie schwer es ist, institutionelle Vorurteile zu überwinden. Genau damit rang er, als er 2008 für das höchste politische Amt der USA antrat. So gesehen weiß Obama, wovon er spricht, wenn er sich zu einer Branche äußert, deren Geschichte mit einem schmutzigen Geheimnis verbunden ist. Indem Obama in Hollywood nun Fairness anmahnt, konfrontiert er die Branche mit ein paar unangenehmen Wahrheiten. Dazu gehört, dass in der Filmbranche bis heute vor allem ältere, weiße Männer den Ton angeben. Ein kurzer Blick auf die Zusammensetzung der Academy of Motion Picture Arts and Sciences liefert den Beleg: 93 Prozent der Stimmberechtigten sind weiß, 76 Prozent männlich und im Durchschnitt 62 Jahre alt. Das entspricht eher dem Profil eines Country-Clubs als der multiethnischen US-Gesellschaft Schon seit einiger Zeit sehen sich die etwa 6200 Mitglieder der Akademie dem Verdacht ausgesetzt, bei der »Oscar«-Wahl wenig Sensibilität für die Beiträge nichtweißer Filmschaffender zu zeigen. Als in diesem Jahr zum zweiten Mal nacheinander nicht ein einziger farbiger Künstler für die Trophäe nominiert wurde, brach offener Aufruhr aus. Der schwarze Regisseur Spike Lee setzte sich mit einem Boykottaufruf an die Spitze einer Protestbewegung - gefolgt vom Schauspieler Will Smith und dem Dokumentarfilmer Michael Moore. Vergangene Woche trat die Akademie die Flucht nach vorn an. Bis 2020 sollen die »Oscar«-Wähler jünger, weiblicher und farbiger werden. Ziel ist die Verdoppelung des bisherigen Anteils. Dafür verlieren Mitglieder ihr Stimmrecht, die nicht mehr berufstätig sind. Tatsächlich gehen die Probleme weit über die Zusammensetzung der Akademie hinaus. Sie haben ihre Wurzeln vielmehr in einer gewachsenen Struktur. Die mehrheitlich weißen Entscheider in den großen Studios produzieren Filme, deren Helden und Geschichten die Kultur ihrer Auftraggeber reflektieren. Diese Realität in Hollywood steht im krassen Gegensatz zur demographischen Wirklichkeit der USA. Nichtweiße Amerikaner stellen heute 37 Prozent der Gesamtbevölkerung und kaufen fast die Hälfte aller Kinokarten. Der »Oscar«-Boykottaufruf legt den Finger in eine offene Wunde, gelöst werden muss das Problem aber anders: nicht durch Quoten, sondern durch einen Appell an das wirtschaftliche Eigeninteresse. Hollywood lebt vom Multikulti. Wenn die Branche das nicht auch in ihren Strukturen, inklusive der »Oscar«-Nominierungen, spiegelt, läuft sie Gefahr, an Relevanz zu verlieren.
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