Gera (ots) - Gemeinschaften verlangen allen Teilhabern Kompromisse ab. Ob Verein, Partei oder Verband - wer mitmischen will, sollte schon die Grundlagen und den Geschäftszweck der Organisation teilen. Das gilt auch für die Europäische Union. Wer dieser beitritt, muss die grundlegenden Werte teilen, die in einer Charta festgelegt sind. Seit sich Staaten in der Europäischen Union uneins darüber sind, ob man Flüchtlinge aufnimmt, wie viele und wie man mit ihnen umgeht - vor allem dann, wenn man sie wieder loswerden will -, häufen sich Diskussionen darüber, ob wirklich alle Mitgliedsländer noch den Geist der Union tragen. Ab und an wird sogar laut darüber nachgedacht, ob es nicht auch Länder gibt, die aus der Wertegemeinschaft und damit aus dem Staatenbund wieder rechtlich ausscheren sollten. Auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise, die zwar noch nicht überwunden ist, aber kaum mehr im Fokus der Öffentlichkeit steht, wurde offen über einen Austritt der Hellenen spekuliert. Und bei Großbritannien steht die Drohung, Europa den Rücken zu kehren, quasi im Ordner für Wiedervorlagen. Fehlender Gemeinschaftssinn wie bei den Briten führt dazu, dass sich Europa teilt in gutwillige Mitgliedsstaaten und solchen, die den Eindruck erwecken, als seien sie gezwungen worden mitzumachen. Bereits als der Euro eingeführt wurde, hätte ein großes alarmierendes Geläut anheben müssen, weil die neue Währung nicht von jeder Nation eingeführt wurde. Aufgabe der Union ist es beispielsweise, den freien Kapitalverkehr sicherzustellen. Zwischen Deutschland und Finnland ist der Kapitalverkehr wegen des Euros frei, mit dem irgendwo dazwischen liegenden Dänemark aber nicht wirklich. Die Dänen habe ihre Krone behalten. Da lief was schief. Das Problem der Europäischen Union in den zurückliegenden Jahren war, dass die Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten die Agenda dominierte. Vernachlässigt wurde hingegen die Pflege der vorhandenen Mitgliedsstaaten und die Qualität des europäischen Zusammenwirkens. Das rächt sich gerade.
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