Regensburg (ots) - Das Treffen zwischen Papst Franziskus und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kirill I. am kommenden Freitag in Havanna ist kirchenhistorisch eine Sensation. Seit dem Schisma zwischen Ost- und Westkirche im 11. Jahrhundert gab es eine derartige Annäherung nur während des Zweiten Vatikanischen Konzils 1965. Damals wurde ein erster großer Schritt in der Ökumene zwischen Ost- und Westkirche getan. Paul VI. und der ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Athenagoras I., hoben die gegenseitige Exkommunikation auf. Mit der russischen Orthodoxie blieben die Beziehungen kompliziert. Die jüngste Begegnung zwischen Papst und dem Moskauer Patriarchen ist nun ein weiterer spektakulärer Schritt, der jedoch nicht ohne ein problematisches Stück Realpolitik möglich geworden ist. Traditionell steht Moskau der mit Rom vereinten orthodoxen Kirche der Ukraine feindlich gegenüber. Dieser Konflikt kam insbesondere während des Ukraine-Krieges zum Vorschein. Empörung rief vor Monaten deshalb die diplomatische Haltung von Papst Franziskus im Hinblick auf den ukrainisch-russischen Konflikt hervor. Nie ergriff der Papst ein eindeutiges Wort zugunsten der Christen in der Ukraine und gegen die russischen Aggressoren. Während die ukrainischen und mit Rom eigentlich eng kooperierenden Bischöfe Franziskus diese Gleichgültigkeit übelnahmen, dankte ihm die russisch-orthodoxe Kirche das vornehme Schweigen. Ohne dieses Schweigen wäre das Treffen mit Kirill nicht möglich geworden. Franziskus wählte den Affront, um die Einheit der Christen voranzutreiben. Daran sieht man: Ökumene hat manchmal einen hohen Preis.
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