Bielefeld (ots) - In der Debatte über Flüchtlinge werden Begriffe umgedeutet und missbraucht. Grenzen und Mauern waren stets dazu da, um Angreifer zu stoppen. Die Große Mauer in China sollte Nomadenstämme wie die Mongolen abhalten, von der Maginotlinie erhoffte sich Frankreich nach dem Ersten Weltkrieg, dass die Festungs- und Bunkeranlage einen Einmarsch der Deutschen unmöglich macht. Zum erstenmal auf den Kopf gestellt wurde der Begriff »Mauer« von der SED in der ehemaligen DDR. Die Kommunisten erklärten die Berliner Mauer zum »antifaschistischen Schutzwall« gegen die »Imperialisten« aus dem Westen, obwohl sie damit in Wahrheit die eigene Bevölkerung einsperrten. Heute wird der Begriff erneut missbraucht. Seit die Flüchtlinge zu Hunderttausenden über das Mittelmeer nach Europa kommen, sind Mauern und Grenzen plötzlich angeblich wieder unerlässlich und richten sich diesmal gegen Flüchtlinge. Schutzsuchende werden vor allem von Rechtspopulisten zu Eindringlingen und Angreifern umgedeutet, obwohl sie statt Waffen meist nur Hoffnungen und Träume im kleinen Gepäck mitführen. Sogar von »Invasion« ist manchmal die Rede - als ob da eine schwer bewaffnete Armee anrücken würde. Eine solche Wortwahl ist verräterisch, sie kennzeichnet den Wandel von der Willkommens- zur Abwehrkultur. Dafür stehen maßgeblich AfD und »Pegida«, aber zum Teil auch die CSU. Wenn die AfD-Chefin Frauke Petry darüber schwadroniert, notfalls müsse auf Flüchtlinge an der deutschen Grenze geschossen werden, dann ist die Umwertung von Hilfesuchenden zu Feinden vollzogen. Das Gleiche gilt für die »Pegida«, die bei ihrem europäischen Aktionstag am Samstag forderte, eine »Festung Europa« zu bauen. Dass mit dem Flüchtlingszustrom auch Chancen verbunden sind, wird heute kaum noch wahrgenommen. Die Menschen gelten als Gefahr für Wohlstand, günstige Wohnungen und die deutsche Kultur. In einer aufgeheizten Stimmung und angesichts der Integrationsaufgabe, die Deutschland vor sich hat, ist Kriegsrhetorik verhängnisvoll. Freund-Feind-Denken vergiftet das Klima und erschwert die Suche nach Lösungen. Natürlich kann Deutschland das Flüchtlingsproblem nicht alleine bewältigen, die hohen Zahlen müssen sinken. Das Asylpaket II wird dazu einen Beitrag leisten, auch die bessere personelle Ausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die finanzielle Hilfe in den Camps in Jordanien, wo sich die Flüchtlinge zusammendrängen. Aber eine Bezeichnung wie »Eindringlinge« ist gerade angesichts dessen, was aktuell in Aleppo passiert, zynisch. Weil Moskau und Assad erst die syrische Opposition wegbomben wollen, ehe sie den IS bekämpfen, fliehen Zehntausende aus der Stadt. Wenn sie es nach Europa schaffen sollten, sind sie alles, nur keine Eindringlinge.
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