Regensburg (ots) - Eines stand lange vor dem ersten Verbotsverfahren gegen die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) fest: Sie steht für eine widerwärtige Ideologie. Die Partei vertritt einen völkischen Nationalismus, träumt von den deutschen Grenzen aus dem Jahr 1937 und lehnt offen das bestehende System ab. Doch nur verfassungsfeindlich zu sein, reicht den Karlsruher Richtern nicht aus, um eine Partei zu verbieten. Es werden noch Monate vergehen, ehe sie ihre Entscheidung bekannt geben. Bisher steht vor allem eines fest: Ein Verbot der rechtsextremistischen Partei ist kein Selbstläufer; gerade weil unsere Verfassung dem Untergang der Weimarer Republik entwachsen ist, und gerade weil diese Demokratie so wehrhaft sein soll. Ein Verbot ist - so sieht es auch der Regensburger Verfassungsrechtler Thorsten Kingreen - ein Eingeständnis der Politik, sich nicht mehr inhaltlich mit seinem Gegner auseinandersetzen zu müssen. Sollte die NPD also bald verboten werden, steht nicht nur zu befürchten, dass man in Karlsruhe den Boden für eine weitere Radikalisierung geschaffen hat, sondern es bleibt der Beigeschmack, dass sich gewählte Volksvertreter aus der Verantwortung gestohlen haben. Die Entschlossenheit und Tatkraft, die dieses Verfahren ermöglicht haben, hätten Projekte und Aktivisten gegen Rechtsextremismus mindestens genauso dringend gebrauchen können. So wünschenswert es ist, dass der Staat seine Feinde nicht mehr mit Geldern füttern muss, so groß ist auch das Risiko, wenn man der NPD eine solche Bühne bietet, um sich als Opfer des Systems zu präsentieren oder den Staat mit seinen eigenen Mitteln geschlagen zu haben. Doch das Risiko zu scheitern, dürfen die Verfassungsrichter nicht scheuen - denn verlieren können sie nicht. Verlieren können nur die, die überhaupt nach Karlsruhe gezogen sind. Denn nach drei Verhandlungstagen steht fest: Die Partei wird größer geredet als sie ist. Das gab ihr früherer Vorsitzender Holger Apfel unumwunden zu. Die Arroganz mit der die NPD auftritt, steht in keinem Verhältnis zu ihrer tatsächlichen Handlungsfähigkeit. Darauf wies vor allem Verfassungsrichter Peter Müller hin. Er fragte, ob man denn aktuell in der Flüchtlingskrise nicht gerade Rahmenbedingungen habe, die einer Partei wie der NPD in die Hände spielen müssten? Und das ist eben nicht der Fall: Seit Jahrzehnten waren menschenfeindliche Positionen und die Ablehnung des politischen Systems nicht mehr so salonfähig wie jetzt. Nur profitiert davon schon lange nicht mehr die NPD, sondern Pegida und AfD. Auch der Politologe Eckhard Jesse, der in Karlsruhe aussagte, ist sich sicher: Die NPD ist nicht in der Bevölkerung verankert, sie ist ein politischer Zwerg. Wie erforderlich ist da ein Verbot? Oder wie es die Verfassungsrichter sinngemäß fragten: Wenn Bürgermeister zurücktreten, weil ihnen die NPD das Leben zur Hölle macht, hat da nicht der Staat versagt, der seine Bürger schützen muss? Rassismus wird nicht durch Verbote überwunden. Das erfordert viel mehr die ständige Auseinandersetzung einer Gesellschaft mit sich selbst. Aber dafür fehlt vielerorts den Regierenden das Bewusstsein - und das nicht nur in Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern, auch in Bayern. Trotz des Verbotsantrags, trotz NSU, trotz brennender Flüchtlingsheime und immer mehr Übergriffe gegen Migranten, weigert sich die CSU ein zeitgemäßes Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus zu verabschieden. Stattdessen begehen ihre Leitfiguren ständig selbst geistige Brandstiftung ("Asylrecht einschränken", "Wer betrügt, der fliegt") und dienen sich der NPD noch als Argumentationsgehilfe an, wenn sie nicht gleich ihre Sprüche kopieren: "Wir sind nicht das Sozialamt der Welt", sagte Ministerpräsident Horst Seehofer vor einem Jahr. Und er liefert noch immer Vorlagen für Rechtsaußen: So nutzte NPD-Jurist Peter Richter die Worte des CSU-Chefs zur "Herrschaft des Unrechts" zur Gegenrede, wer denn tatsächlich die Bevölkerung verunsichere.
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