Bielefeld (ots) - Die SPD ist eine stolze Partei, wenn sie auf ihre Geschichte schaut. Zu Recht! Im Hier und Jetzt aber wirken die Genossen oft verzagt. Und nächsten Montag wird ihre Sinnkrise noch größer werden. Die Solidaritätsadressen, die Heiko Maas und Stephan Weil Parteichef Sigmar Gabriel nun vorsorglich zukommen ließen, ändern daran nichts. Alles hängt an Rheinland-Pfalz. Verliert die beliebte Malu Dreyer das Amt der Ministerpräsidentin an die forsche CDU-Spitzenfrau Julia Klöckner, ist das Drama perfekt. In Baden-Württemberg und in Sachsen-Anhalt steht die SPD so oder so vor dem Fall ins Bodenlose. Wahlforscher taxieren sie hier bei 13 und 15 Prozent. In Sachsen-Anhalt könnte man damit noch hinter(!) der AfD landen. Längst schrillen alle Alarmglocken beim SPD-Chef. So hat der Vizekanzler an diesem Wochenende trotz heftiger Kritik des Koalitionspartners CDU/CSU seine Forderung nach einem »Solidarpakt« noch einmal bekräftigt. Eine Idee, die alles zeigt, was Gabriel ausmacht - seine Stärken und seine Schwächen. Zuerst ist da sein Instinkt - immer schnell, oft treffend. Gabriel spürt das Unbehagen und die Angst vieler Menschen im Lande, abgehängt zu werden. Doch da ist zugleich die Tatsache, dass er zuweilen schneller redet als er denkt. Denn dieses Gefühl in Teilen der Bevölkerung mag durch die Flüchtlingspolitik erheblich verstärkt worden sein, entstanden ist es weit vorher. Es karikiert sich selbst, wenn Gabriel sagt, dass man »nun auch etwas für die eigenen Leute tun müsse«. Die Fragen drängen sich auf: Muss das die Politik nicht immer tun? Hat man das bisher etwa nicht getan? Und wenn Letzteres tatsächlich so wäre, warum sollten sich die Wähler dann nicht gleich bei der AfD besser aufgehoben fühlen? Angela Merkel hat Gabriels Vorstoß eher knapp kommentiert: »Die SPD macht sich selbst klein.« Die Kritik der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden, die für Gabriel Koalitionspartnerin und Kontrahentin zugleich ist, klingt verächtlicher, als sie wohl gemeint war. Aber sie trifft die SPD ins Mark. Den Sozialdemokraten scheint das Gefühl für sich selbst, für die eigene Identität verloren gegangen zu sein. Das gilt trotz der Erfolge der eigenen Politik, von denen es zuletzt nicht wenige gab (Mindestlohn, Rente mit 63, Mietpreisbremse). Noch immer lastet das Erbe der Agenda 2010 bleischwer auf der SPD. Wie aber soll eine Partei, die nicht mal von sich selbst überzeugt ist, die Wähler überzeugen? Eine Woche noch, dann wird die Partei - mal wieder - mit Verve über ihren Kurs und vor allem über ihren Vorsitzenden debattieren. »Schießt nicht auf den Mann am Klavier, ihr habt nur einen«, hat Gerhard Schröder seinen Genossen einst empfohlen. Gehalten hat sich schon damals keiner daran. Dieses Mal wird es genauso sein. Die SPD im Kampf mit sich selbst - es ist Ritual und Elend zugleich. Ein Grund, stolz zu sein, ist es nicht.
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