Bielefeld (ots) - Kretschmann oder Wolf in Baden-Württemberg, Klöckner oder Dreyer in Rheinland-Pfalz? Das sind zwar die spannendsten Personalfragen im Hinblick auf Sonntag. Aber diese drei Landtagswahlen sind so vollgestopft mit politischem Zündstoff, dass es um sehr viel mehr geht als um das übliche Kandidaten-Karussell. Wir können uns bei den ersten Wahlen seit der Flüchtlingskrise auf ein politisches Beben einstellen und auf Wahlen, die Geschichte schreiben werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zwei Landesregierungen ihre Mehrheiten verlieren. CDU und SPD drohen in Baden-Württemberg zweistellige Verluste, während gleichzeitig die rechtspopulistische AfD auf Anhieb in alle drei Landesparlamente einziehen wird, in Sachsen-Anhalt sogar mit rund 20 Prozent der Stimmen. Das alleine ist Grund genug, von einem denkwürdigen Sonntag zu sprechen, der Folgen haben wird. Beispielsweise für die SPD, die ihren Nimbus, eine große Volkspartei sein zu wollen, weiter verliert. In Baden-Württemberg steht der SPD ein Debakel bevor. Zweistellige Verluste könnten dazu führen, dass die Sozialdemokraten hinter Grünen, CDU und möglicherweise der AfD nur noch viertstärkste Kraft wären. Falls darüber hinaus Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz ihr Amt an Julia Klöckner abgeben muss, steht Sigmar Gabriel vor einem Scherbenhaufen. Seine erträumte Kanzlerkandidatur im Hinblick auf die Bundestagswahl 2017 käme fast schon einem Witz gleich. Gut möglich, dass die Parteibasis nach den Wahlen ein Beben in der SPD auslöst. Die erste Wahlen nach der Flüchtlingskrise sorgen für buntere Parlamente. Die klassische Parteiarithmetik funktioniert nicht mehr so einfach. In Baden-Württemberg bekommt der Begriff Große Koalition eine ganz neue Bedeutung. Schwarz und Grün sind jetzt die »großen Parteien«, die SPD spielt dort nur noch eine Nebenrolle. Die AfD wird die politische Landschaft verändern, wenn die etablierten Parteien weiter so einen unsicheren Umgang mit den Rechtspopulisten pflegen, wie es zuletzt und insbesondere anlässlich des Wirbels um einen TV-Auftritt in Rheinland-Pfalz der Fall war. Und Angela Merkel? Es klingt kurios, aber die Bundeskanzlerin kann als Gewinnerin dieser Wahlen hervorgehen. Nämlich, wenn in Baden-Württemberg entweder der blasse Guido Wolf doch noch vor dem beliebten Winfried Kretschmann landen sollte oder wenn Julia Klöckner Rheinland-Pfalz für die CDU erobert. Behalten Kretschmann und Dreyer ihre Ämter, wären die Sieger ausgerechnet diejenigen, die Merkels umstrittenen Flüchtlingskurs voll unterstützen, auch wenn die Niederlage für die CDU im einstigen Stammland natürlich bitter wäre. Ganz gleich wer Ministerpräsident wird: Nach den Wahlen ist weder die Flüchtlingskrise beendet noch wird Angela Merkel - richtigerweise - ihren Kurs grundsätzlich ändern. Geholfen hat ihr indirekt, dass aktuell weitaus weniger Flüchtlinge zu uns kommen - so beschämend es auch für ganz Europa ist, dass viele Familien mit kleinen Kindern im Elendslager von Idomeni im Schlamm untergebracht sind. Gleichzeitig hat sich in Deutschland die Situation entspannt, was wiederum positive Effekte auf die Landtagswahlen mit sich bringt. Sonst wäre die AfD vielleicht noch stärker und hätte ein noch größeres Beben ausgelöst, als es leider jetzt schon der Fall ist. So wichtig und auch spannend diese Wahlen auch seien mögen: Die Flüchtlingskrise muss in Europa gelöst werden - nicht in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz oder Sachsen-Anhalt.
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