Regensburg (ots) - Es gibt keine absolute Sicherheit vor dem Terror. Wer vorhat, unschuldige Menschen im Namen von wem auch immer zu töten, wird einen Weg finden, es zu tun. Der Terror von Brüssel trifft in diesem Sinn uns alle. Er ist eine Erinnerung daran, dass unsere Werte, unsere Gesellschaft bedroht ist. Dass ein Teil der Welt Krieg gegen uns führt. Dieser Krieg findet nicht auf fernen Schlachtfeldern statt, sondern in unserer Freizeit, auf dem Weg in die Arbeit oder in den Urlaub. Was in Brüssel geschah, ist Fortsetzung dessen, was in Paris seinen bislang letzten Höhepunkt gefunden hatte: ein Kampf gegen Europa, gegen das, was diesen Kontinent auszeichnen sollte, aber nicht mehr auszeichnet: Einheit in Frieden und Freiheit. Europa streitet. Die EU spricht nicht mit einer Stimme. Das geschieht zu einer Zeit, in der nur Geschlossenheit die Chance bietet, die Herausforderungen einer sich immer weiter verändernden Welt anzugehen. Damit ist auch, aber nicht nur, die Flüchtlingskrise gemeint. Sie lässt aber am deutlichsten die tiefen Risse im Fundament der Gemeinschaft zutage treten. Geschlossenheit aber ist nötig, um einen Feind wie dem islamistischen Terror entgegentreten zu können, weil er Köpfe hat, wie IS-Führer al-Bagdadi, aber kein Gesicht. Weil seine Front keine Linie hat, sondern in unserer Mitte liegt, in unseren Städten und vor allem in unseren Köpfen. Die belgischen Behörden müssen nach allem, was sich in den vergangenen Monaten gezeigt hat, die vielleicht am besten vorbereiteten Sicherheitskräfte in Europa gewesen sein. Molenbeek, der Stadtteil von Brüssel, in dem der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge von Paris, Salah Abdeslam, am Freitag verhaftet wurde, ist zum Synonym für Islamistenhochburg geworden. Dort war der europäische Terror daheim, dort müssen Unterstützer leben, sonst wäre es kaum möglich gewesen, dass der meistgesuchte Terrorist des Kontinents dort untertauchen konnte. Molenbeek war aber bereits vor den Anschlägen von Paris als Problemviertel bekannt. Trotzdem gelang es den belgischen Behörden nicht, den Terror von Brüssel zu verhindern. Im Herzen Europas, mitten in der Hauptstadt der Europäischen Union, gibt es immer noch einen blinden Fleck. Belgien wird sich nach dem 22. März 2016 der Frage von den Hinterbliebenen der Opfer stellen müssen: Warum konnten ihre Frauen, Männer, Töchter oder Söhne nicht besser geschützt werden? Diese Frage ist berechtigt und die Antwort kann nur ein Versagen offenbaren. Doch Schuldzuweisungen werden die Toten nicht wieder lebendig machen und keine Wunde heilen. Wichtiger für die Zukunft wird sein zu verstehen, wie der Terror seinen Weg zu uns gefunden hat und warum er unter dem Radar der Geheimdienste und der Polizei blieb. Dabei werden auch die Wege der Flüchtlinge eine Rolle spielen. Aber der Terror von Madrid riss 191 Menschen zu einem Zeitpunkt in den Tod, als Flüchtlingskrise noch kein Wort war. 2004 war das, auch an einem Märzmorgen. Den zweiten blinden Fleck wird kein Geheimdienst, keine Vorratsdatenspeicherung und keine noch so strenge Sicherheitsvorkehrung beseitigen können. Es ist der Glaube daran, dass es nicht uns trifft, nicht unsere Familie oder unsere Freunde. Wir wollen nicht daran glauben, und das ist gut so, weil Angst nicht Richtschnur unseres Handelns sein darf und Hass nicht die unserer Reaktion. Wir schulden den Opfern, dass wir uns nicht von dem abbringen lassen, was unsere Gesellschaft starkgemacht hat: Frieden, Toleranz, Geschlossenheit. Sie sind das Ziel, das wir schützen müssen.
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