Bielefeld (ots) - Für ihre großen Erfolge bei den jüngsten drei Landtagswahlen hat die AfD kein Grundsatzpogramm gebraucht. Trotzdem will die Partei ein solches beschließen. Seit Donnerstag liegt der offizielle, mit Deckblatt und Inhaltsverzeichnis 78 Seiten starke Entwurf vor. Wer ihn gründlich liest, stellt fest: Die AfD will nicht nur eine »Alternative für Deutschland« sein, sie will ein anderes Deutschland schaffen. Im Ton ist der Text in weiten Passagen vom tiefen Misstrauen gegenüber den staatlichen Institutionen und den politischen Entscheidungsträgern geprägt. Inhaltlich versucht die AfD die Quadratur des Kreises: Einerseits strebt die Partei mit Volldampf zurück in die Vergangenheit des späten 20. Jahrhunderts (Abkehr vom Euro, Wiedereinführung der Wehrpflicht, Rückkehr zum alten Familienbild), um zugleich die Geschichte der Bundesrepublik (Westbindung, europäische Integration, repräsentative Demokratie) zu negieren. »Wir sind Liberale und Konservative« heißt es in der Präambel. Was dann folgt, ist eine wilde Mischung aus den verschiedensten Konzepten mit Zielen, die nicht frei von Widersprüchen sind. So bleibt ungeklärt, wie sich das »uneingeschränkte Bekenntnis zur Religionsfreiheit« und der besondere Umgang mit dem Islam miteinander vereinbaren lassen sollen. Auch der Versuch einer Neudefinition von Artikel 5 des Grundgesetzes, der Meinungs- wie Pressefreiheit sichert, wirft Fragen auf. Im Entwurf heißt es: »Tatsachen sollen als solche benannt und nicht aus politischen Gründen verschleiert werden: Schluss mit: 'Politischer Korrektheit'.« Bloß, wer bitte legt das fest? Die AfD-Kernthese lautet: Das deutsche Volk ist seiner Souveränität beraubt. So steht bereits auf Seite 3: »Heimlicher Souverän ist eine kleine, machtvolle politische Führungsgruppe innerhalb der Parteien. Sie hat die Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte zu verantworten. Es hat sich eine politische Klasse von Berufspolitikern herausgebildet, deren vordringliches Interesse ihrer Macht, ihrem Status und ihrem materiellen Wohlergehen gilt.« Warum ausgerechnet eine neue Partei mit neuen Berufspolitikern das ändern sollte, steht dort nicht. Formal gesehen kann jedes der mehr als 20 000 AfD-Mitglieder beim Bundesparteitag am 30. April und am 1. Mai in Stuttgart über das Programm mitdiskutieren, Änderungsanträge einbringen und abstimmen. Wie das Programm am Ende aber auch genau lauten mag: Für die AfD dürfte die Zeit zu Ende gehen, in der sie für ihre Triumphe nicht viel mehr machen musste als dagegen zu sein. Dahin ist dann der Nimbus der reinen Protestpartei. Eng werden dürfte es auch für die oft gehörte Antwort der AfD: »Dafür haben wir kein Programm.« Viel wichtiger noch: Die Wähler bekommen erstmals die Möglichkeit, sich selbst ein Bild davon zu machen, was die AfD will. Sie können die Partei endlich beim Wort nehmen - und machen hoffentlich reichlich Gebrauch davon. Die Sache muss jede Mühe wert sein - geht es doch um unser Land und unsere Demokratie.
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