Cottbus (ots) - Jedes Gesetz kennt einen Stichtag. Eine Minute später, und schon ist falsch, was vorher richtig war. Das ist überall so. Man kann annehmen, dass die Flüchtlinge, die zuletzt noch auf den griechischen Inseln angelandet sind, wussten, dass sie seit dem 20. März wieder zurückgebracht werden in die Türkei. Sie sind alle bestens über das Internet informiert. Wenn sie diese Information ignorierten, dann weil sie sie entweder nicht glaubten - oder weil sie hofften, sie könnten die Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens allein mit ihrer Masse verhindern und durch ein letztes Loch im Zaun schlüpfen. Doch der EU-Türkei-Plan - die Idee Angela Merkels - ist die einzige Chance, den ungeordneten, gefährlichen und von kriminellen Schleppern gesäumten bisherigen Fluchtweg dauerhaft zu versperren und zugleich einen geordneten, humaneren Weg zu eröffnen. Schon deswegen wird der Stichtag ab heute mit aller Entschlossenheit durchgesetzt werden. Den Letzten beißen eben die Hunde. Das alles wäre in Ordnung, wenn die Aktion tatsächlich so vorbereitet wäre, wie sie verkauft wird. Das ist sie aber nicht. Warum zum Beispiel werden nicht mit den ersten 750 Rückgeführten demonstrativ in der Türkei exakt genauso viele in die Flugzeuge nach Europa gesetzt? Das wäre ein starkes Signal, dass das Verhältnis eins zu eins wirklich ernst gemeint ist und der legale Weg funktioniert. So aber ist das Verhältnis eher zehn zu eins, zehn Abgeschobene, ein Eingereister. Der Grund dafür ist, dass sich weiterhin manche EU-Staaten weigern, auch nur einen Flüchtling aufzunehmen. Die Hinweise darauf, dass die Türkei Syrer sogar wieder in die Kriegsgebiete zurückschiebt, verstärken das berechtigte Misstrauen noch. Und: Wo bekommen Afghanen, Iraker oder Eritreer eine echte Chance auf eine ernsthafte Prüfung ihres Asylbegehrens? In der Türkei sicher nicht. In Griechenland, wo das stattfinden müsste, ist bisher gerade mal die Hälfte der angeforderten Beamten angekommen. Weder auf den Ägäis-Inseln noch an der türkischen Küste ist eine Infrastruktur errichtet worden, die Aufenthalt und Rückführung menschenrechtlich korrekt bewältigen könnte. Es ist alles jämmerlich schlecht organisiert und kommuniziert. Nur auf den Fähren, die von den Inseln zurückgehen werden nach Osten, stimmt das Verhältnis eins zu eins: Ein Polizist begleitet jeweils einen Flüchtling. Weil das alles so ist, muss man mit Widerstand rechnen, der sich aus mehr speist als aus dem bewussten Versuch, einen Stichtag doch noch aushebeln. Nämlich aus wirklicher Verzweiflung. Europa stehen hässliche Tage bevor. Es ist die hässliche Seite seines eigenen Versagens.
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