Bielefeld (ots) - Für die Loveparade-Katastrophe soll nach Auffassung der 5.Großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg niemand zur Verantwortung gezogen werden. Unfassbar. Halten wir fest: Es gab 21 Tote sowie mehr als 650 Verletzte - und niemand ist es gewesen? Sind am Ende die Teilnehmer selbst schuld? Fast scheint es so, denn die Richter werfen die Brocken hin, bevor sie überhaupt ein Verfahren eröffnen. Die gestern bekanntgemachte Entscheidung, auch wenn sie nicht das allerletzte Wort sein mag, ist für Opfer und Angehörige schier unerträglich. Sie warten nicht nur schon viel zu lange auf strafrechtliche Konsequenzen. Seit gestern haben sie es auch schriftlich, dass es nicht einmal einen ordentlichen Strafprozess, geschweige denn klare Urteile, geben könnte. Der ganze Schmerz aus den Tagen nach dem schrecklichen Geschehen ist wieder da. Dass außerdem gar nicht erst der Versuch unternommen wird, einen Prozess gegen die Beschuldigten zu führen, ist ein Tiefschlag für das Ansehen des Rechtsstaats und das Vertrauen der Bürger in die öffentliche Ordnung. Hilflos steht Deutschland vor einem kapitalen Staatsversagen, das keiner dem einfachen Mann auf der Straße erklären kann. Auch so etwas fördert Staatsverdruss und Wutbürgertum. Die Frage, welche politische Verantwortung es für das gesamtgesellschaftliche Desaster gibt, dürfte jetzt lautstark und polternd ausgetragen werden. Dabei kann nur ein völlig neuer Ansatz und ein anderes, diesmal fehlerfreies Gutachten eine Lösung bringen. Die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft war von Anfang an von einer politischen Simpel-Debatte überlagert, die schon wenige Tage nach der Katastrophe nur eines wollte: einen Sündenbock. Der damalige CDU-Oberbürgermeister Adolf Sauerland galt aus dem Stand als Hassobjekt. Zumindest rhetorisch war er zur Lynch- und Schnelljustiz freigegeben. Kaum jemand aus dem politischen Umfeld im Ruhrgebiet und aus der neuen Landesregierung rührte auch nur einen Finger, um die aus dem Ruder laufende Debatte zu versachlichen. Im Gegenteil: Sauerland musste sich sieben Monate später einem Bürgerbegehren mit dem Ziel seiner Abwahl unterwerfen. Es dauerte fast vier Jahre, bis sich herausstellte, dass der Oberbürgermeister nicht einmal zu den Beschuldigten gehörte. Kurzfristig ist zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaft mit ihrer Beschwerde gegen den skandalösen Landgerichtsbeschluss von gestern Erfolg hat. Langfristig muss - bei allem Respekt vor ihrer Unabhängigkeit - auch die Verantwortlichkeit für das verantwortungslose Versagen der Justiz geklärt werden.
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