Verantwortlicher Redakteur: Markus Meister
Viel wurde über eine mögliche Pleite Kärntens in den letzten Wochen geschrieben. Wenig über die gravierenden Auswirkungen für die Menschen in Kärnten. Nicht nur Firmen mit Landes-Aufträgen könnten nach einem Zahlungsausfall des Landes in Bedrängnis kommen und Mitarbeiter entlassen, auch Beamte im Landesdienst könnten gekündigt werden und die Pension gekürzt bekommen!
+ Sind die Kärntner Landeshaftungen überhaupt gültig?
+ Negativ-Zinsen bei der EZB, 8 % Zinsen von Kärnten!
+ Gläubiger-Forderungen deshalb auf 108 % gestiegen
+ Landesbedienstete in Kärnten: 14.000 Kündigungen möglich
+ Pensionskürzungen für Beamte?
+ Wie in Griechenland: Gläubiger-Troika steuert Kärnten und die Regierung muss Vorgaben umsetzen
+ Kärnten-Tourismus in Gefahr?
+ Kärntens Vermögenswerte werden verpfändet und warum der Vergleich mit der Pleite-Stadt Detroit hinkt
Kärnten-Pleite: Landes-Beamte vor Jobverlust? Pensionskürzungen?
Finanzminister Dr. Hans Jörg Schelling, die Kärntner Finanzreferentin Dr. Gaby Schaunig und der Kärntner Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser verniedlichen und streuen den Menschen Sand in die Augen. Sie spielen die Folgen für die Kärntnerinnen und Kärntner hinunter und wollen die Bürger glauben machen, dass eine Insolvenz Kärntens - wenn überhaupt - erst in ein paar Jahren möglich sein wird.
Die Folgen der Zahlungsunfähigkeit des Landes für die Bewohner Kärntens sind viel schlimmer als öffentlich von den Politikern dargestellt. Die Pleite Kärntens ist keine abstrakte, noch Jahre entfernte Gefahr, sondern, wie immer mehr klar wird, ein sehr konkret und bald drohendes Szenario.
Nach Klagen von HETA-Gläubigern mit mündelsicheren Anleihen, die 2015 fällig waren aber nicht zurückbezahlt wurden, sind für Anfang Juni anstehende Urteile des Landgerichtes Frankfurt sofort gegen die HETA vollstreckbar. Da die Firmengruppe der HETA Asset Resolution AG beträchtliche Vermögenswerte außerhalb Österreichs besitzt (Balkan, Deutschland), kann ein österreichisches Gericht oder eine österreichische Behörde (wie die Finanzmarktaufsicht FMA) diese Zwangsvollstreckung nicht stoppen.
Die HETA würde aufgrund der Gefahr von Gläubigerbevorzugung sofort Insolvenz anmelden müssen. Kärnten wäre sofort in der eindeutigen juristischen Situation, die Ausfallsbürgschaft gemäß § 1356 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) bedienen zu müssen. Auch der Verfassungsgerichtshof wird in der Herbst-Session (September/Oktober) Recht sprechen, nämlich über Schellings Banken-Abwicklungsgesetz (BaSAG).
Spätestens dann wird Kärnten in die Ziehung kommen, wenn man bedenkt, dass der Verfassungsgerichtshof bereits im Urteil zum Hypo-Sondergesetz HaaSanG klar und unmissverständlich die Gültigkeit der Landeshaftungen bejaht hat und dieses als verfassungswidrig aufgehoben hat. Auch im gestrigen FMA-Bescheid zum Schuldenschnitt wurde von der Finanzmarktausicht unterstrichen, dass dieser die Landeshaftungen nicht berührt.
Landeshauptmann Kaiser und Finanzreferentin Schaunig versuchen mit hektischen und rechtlich fragwürdigen Alibi-Aktionen sowie haarsträubenden Argumenten Gegenmaßnahmen zu setzen. Sie behaupten etwa, dass die Landeshaftungen, welche per Gesetz und schriftlich in Verträgen zugesichert wurden, rückwirkend nicht gültig seien.
Wenn es nicht so tragisch wäre, müsste man fast lachen: Das Land Kärnten hat im Jahr 2012 mit einer Klage beim Landesgericht Klagenfurt feststellen lassen, dass die Landeshaftungen des Landes Kärnten für die HETA gültig seien, um auch weiterhin die Haftungsprovisionen kassieren zu können. Kärnten hat per Urteil vom 27. April 2012 vollumfänglich Recht bekommen und rund 6 Mio. Euro kassiert.
Weshalb behaupten Landeshauptmann Peter Kaiser und Finanzreferentin Gaby Schaunig heute genau das Gegenteil von dem, was das Land Kärnten noch vor etwa 4 Jahren selbst gerichtlich erstritten haben? Siehe dazu auch in diesem treffenden Kommentar von NEWS.
Auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes hat im Dezember 2015 an den österreichischen Verfassungsgerichtshof geschrieben: Die Gültigkeit und das Schlagendwerden der Landeshaftungen sei durch Schellings BaSAG, das Zahlungsmoratorium und die Abwicklung durch die Finanzmarktaufsicht nicht beeinträchtigt. Damit wurde auch der Wille des Gesetzgebers ausdrücklich klargestellt.
Glauben Gaby Schaunig und Peter Kaiser wirklich, dass mit einer Vogel-Strauss-Politik mit Kopf in den Sand stecken die Haftungsprobleme von alleine verschwinden?
Das Ergebnis dieser Verzögerungstaktik der Kärntner Politik wird sein, dass die vertraglichen Verzugszinsen von beinahe 800 Millionen Euro pro Jahr und die Klagskosten die finanziellen Leiden und wirtschaftlichen Folgen für die Kärntner Bevölkerung noch viel größer machen werden. Das ist - gerade in Zeiten mit negativen Notenbank-Zinsen - ein völlig unnötiges und verantwortungsloses Spiel mit dem Schicksal der Menschen sowie eine weitere enorme Verschwendung von Steuergeld!
Die HETA-Schulden Kärntens sind seit dem Schulden-Moratorium vom 1.3.2015 aufgrund der 8 % Verzugszinsen p.a. deshalb von 11 Mrd. Euro auf knapp 12 Mrd. Euro angestiegen (auf 108 % nach 1 Jahr) und mit jedem Tag "Wartezeit" wird es schlimmer, da weitere ca. 2 Mio. Euro Schulden dazukommen. Hier eine Übersicht, wie eine Grundschuld von 100 Euro bei 8 % Zinsen rasch weiter anwächst. Nach 5 Jahren beträgt die Forderung bereits 147 Euro!
Landesbedienstete in Kärnten:
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser und die Kärntner Finanzreferentin Gabriele Schaunig haben ein Gutachten bei den Universitätsprofessoren Dr. Georg Kodek und Dr. Michael Potacs zu den Folgen einer Kärnten-Pleite in Auftrag gegeben.
Wie man das so kennt, sind (bezahlte) Auftragsgutachten immer etwas positiver zugunsten des Auftraggebers geschrieben. Trotzdem beinhaltet dieses Gutachten schon äußerst bedenkliche und existenzgefährdende Zukunftsaussichten für einen beträchtlichen Teil der Kärntner Bevölkerung. Von 20.000 Landesbediensteten sind die Jobs von 14.000 gefährdet.. Wenn man davon ausgeht, dass jede(r) Landesbedienstete mit weiteren ein bis zwei Personen in einem Haushalt wohnt, so betreffen wichtige Passagen aus dem Gutachten unmittelbar die Existenz von 40.000 bis 50.000 Kärntnerinnen und Kärntnern!
Das Wirtschaftsmagazin trend schreibt dazu wie folgt:
Wir sehen also, dass selbst ein "bezahltes Auftragsgutachten" tausendfache Kündigungen für möglich hält und die Pensionsansprüche der Beamten und Vertragsbediensteten nur bis maximal 2 Jahren als sicherbar bezeichnet. Was ist mit den restlichen Pensionsansprüchen? Die werden einfach nicht mehr komplett bezahlt und die Bezieher müssen jahrelang auf Teilzahlungen warten.
Griechenland ist nicht in die Pleite gegangen, wie sie bei Kärnten droht, aber man sieht gut, wie z.B. mit den "nicht mehr gebrauchten" Pensionisten umgesprungen wird!
Interessant ist der Verweis von Landeshauptmann Kaiser gegenüber dem ORF, dass nie ein Insolvenzverwalter das Land regieren würde. Das könnte durchaus sein. Auch Griechenland wird weiterhin von einer Regierung geführt, die das gewählte Parlament bestimmt hat. Was der Landeshauptmann nicht sagt, ist, dass wichtige Entscheidungen in Griechenland nicht mehr von Ministerpräsident Alexis Tsipras gefällt werden, sondern von der Troika der Geldgeber EU, EZB und IWF!
Würde Kärnten dann von einem (neuen) Landeshauptmann regiert, aber alle Finanz-Entscheidungen werden von einer Troika der Gläubiger (Bund, Landesanleihen, HETA-Anleihen) gefällt?
Als Griechenland 2012 von der Pleite bedroht war, kam es zu einem Rückgang der Touristenzahlen. Verständlich, denn niemand will seinen Urlaub in einem Land verbringen in dem Museen geschlossen sind und öffentliche Verkehrsmittel möglicherweise nicht funktionieren oder ein Flughafen (in Staatsbesitz) den Betrieb einstellt. So gab es in Griechenland im Jahr 2011 16,4 Mio. Besucher (arrivals of non-residents; ELSTAT). Im Jahr 2012 waren es 15,5 Mio. Besucher. Nach der Rettung durch die Euro-Partner und der Stabilisierung des Landes gab es wahren Boom mit einem Anstieg auf 22 Mio. Gäste im Jahr 2014 und weiteren Zuwächsen 2015.
Urlauber aus Deutschland (34 % der Gäste im 2015) werden bereits jetzt durch Presseberichte zur möglichen Kärnten-Pleite verunsichert. Verständlich, denn wer möchte statt Entspannung dann doch Stress haben im Urlaub? Die meisten öffentlichen Verkehrsmittel sind durch eine Insolvenz Kärntens nicht betroffen (z.B. ÖBB), aber was ist etwa mit dem Flughafen Klagenfurt? Einige Einrichtungen in Landesbesitz könnten im Worst Case auch geschlossen werden. Welchen Schaden für die Tourismuswirtschaft zu erwarten wäre, nämlich ein Rückgang bei den Nächtigungen bzw. Entlassungen bei Tourismusbetrieben, ist schwer absehbar.
Es wäre aber nicht Österreich, wenn nicht auch für den Fall der Pleite Kärntens einige Herrschaften mit besonders schlauen Ideen aufwarten würden. Ein gängiger Einwand in Österreich ist folgender: Durch Kündigungen von Landesbediensteten wird kein Vermögen generiert, das zur Befriedigung der Ansprüche notwendig gewesen wäre. Viel eher sind Besitztümer des Bundeslandes in Gefahr. Immobilien, Kulturgüter, Wertsachen im Landesbesitz müssten zugunsten der Gläubiger veräußert werden. Der Betrieb des Bundeslandes könnte durch einen zinslosen Kredit des Bundes sichergestellt werden. Ob es dabei zu Rationalisierungen und deshalb Kündigungen kommen würde, ist offen.
Wer so etwas sagt, hat noch nichts vom Gutachten der beiden Kärntner Gutachter Kodek und Potacs gehört. Und er hat die Systematik einer Pleite Kärntens nicht verstanden. Und er vergisst dabei eine wesentliche Tatsache:
Vermögen besteht nicht nur aus Besitztümern, sondern auch aus "Fiskalvermögen" (Geld und Geldforderungen). Was manche Politiker den Bürgern erzählen, funktioniert in der Realität nicht. Denn sobald der Bund dem Land weiteres Geld borgt, vermengt sich dieses gem. § 371 ABGB mit dem bestehenden Fiskalvermögen auf den Konten Kärntens. Der Bund hätte dadurch zwar höhere Forderungen, diese würden aber selbst wiederum nur gemäß Quote bedient. Der Masseverwalter des Landes Kärnten würde bei Zahlungseingang des Kredites vom Bund Herr über dieses Geld werden. Diese Geldtransfers vom Bund an Kärnten würden auch den anderen Gläubigern gemäß Quote zukommen. Auch dienen gem. § 16 Abs 2. F-VG (Finanzverfassungsgesetz) beträchtliche Teile der Zahlungen aus dem Finanzausgleich der Gläubigerbefriedigung.
Im Hinblick auf die Vollstreckbarkeit in Kärnten gibt es vom Verfassungsjuristen DDr. Heinz Mayer hier einen aktuellen Kommentar in dem er auch darauf hinweist, wie sich Kärnten derzeit "arm rechnet".
Im Detail heißt das: Die Ansprüche der Beamten und Landesbediensteten sind daher Forderungen gegenüber dem Land Kärnten. Sie werden dadurch genauso Gläubiger und werden nur kleinweise über viele Jahre bedient. Die HETA-Gläubiger haben vertraglich vereinbarte Verzugszinsklauseln, die Landesbediensteten leider nicht. Daher steigt sogar die aliquote Masseforderung der HETA-Gläubiger über die Jahre verglichen mit den Forderungen der Landesbediensteten. Der Trick, dass der Bund dem Land weiter Geld leiht, ist daher nicht möglich, da Geldtransfers vom Bund an das Land Kärnten sofort in die Masse übergehen und sich mit dem Geldvermögen des Landes Kärnten vermengen. Eine Verpfändung von Kärntner Vermögensgegenständen nur zum Vorteil des Bundes darf der Masseverwalter im Fall der Pleite nicht mehr zulassen, da es sich dabei um eine unzulässige Gläubigerbevorzugung handeln würde.
Auch die Verpfändung von Vermögen an die Bundesfinanzierungsagentur ist problematisch, da Negativ-Klauseln bei Anleihen oder anderen Kreditverträgen einen Domino-Effekt (wie z.B. vorzeitige Fälligkeiten) auslösen könnten, wie in diesem Der STANDARD-Artikel beschrieben wird.
Viel bedenklicher ist aber, dass bereits jetzt eine Mehrklassengesellschaft an Gläubigern entsteht. Das Land Kärnten verpfändet mittlerweile regelmäßig Vermögen zugunsten des Bundes, diverser Banken und Anleihegläubiger Kärntens. Das benachteiligt die HETA-Gläubiger, welche diese Transaktionen rückwirkend anfechten können und sicher auch werden (im Falle einer Kärnten-Pleite). Aber noch viel schlimmer ist: Diese Verpfändungen benachteiligen die tausenden Kleingläubiger wie Landesbedienstete oder Gewerbebetriebe! Denn sie erhalten ja keine Pfandgegenstände und müssen dann im Insolvenzverfahren selbst schauen, wo sie und ihre Forderungen bleiben. Wo bleibt hier eigentlich die Stimme der sonst so lauten Personalvertreter und der Kärntner Wirtschaftskammer?
Daher ergibt sich als Schlussfolgerung: Durch Kündigung von Landesbediensteten wird - gemäß der Ausführungen von eben - sehr wohl Vermögen geschaffen, indem zusätzliches Fiskalvermögen (Geld) eingespart wird bzw. angehäuft werden kann, welches zur Befriedigung aller Gläubiger gemäß Quote herangezogen wird.
Kärnten kann sich (selbst) gemäß der "Auftragsgutachter", den Universitätsprofessoren Kodek und Potacs, auch nicht entschulden, da es das sogenannte "Nachforderungsrecht" für Gläubiger über mindestens 30 Jahre gibt. Die Spirale des Niedergangs würde also mehrere Jahrzehnte dauern!
Die Neue Zürcher Zeitung stellt dazu im Artikel Warum der Konkurs Kärnten nichts bringen würde fest:
Der bekannte Ökonom Dr. Bernhard Felderer, seines Zeichens derzeit Präsident des österreichischen Fiskalrates und ein enger Vertrauter von Finanzminister Schelling, ging im März von einer Annahme des Rückkaufangebotes der Anleihen aus und vergleicht eine mögliche Pleite Kärntens mit der Insolvenz der US-Stadt Detroit 2013 und dass der Bund helfen kann, aber nicht muss.
Schauen wir uns also zum Schluss den Vergleich Felderers genauer an: Detroit stellt mit 680.000 Einwohnern rund 0,21 % der Bevölkerung der USA. Die Kärntner Bevölkerung dagegen macht mit 560.000 Einwohnern 6,43 % der gesamten österreichischen Bevölkerung (8,7 Mio.) aus, womit Kärnten etwa 30 Mal bedeutender ist für Österreich als Detroit für die USA.
Seit Jahren schrumpft die Einwohnerzahl Detroits aufgrund der Perspektivenlosigkeit. Alleine in den letzten 15 Jahren kehrten mehr als 1/4 der Bewohner der früheren Millionenstadt den Rücken (2000 vs. 2014 -28 % Bevölkerungsschwund). Zum Thema Detroit-Pleite gab es kürzlich auch einen interessanten ORF-Bericht: Abwanderung setzt der Stadt zu.
Auf Kärnten umgelegt bedeutet so eine Entwicklung, dass 157.000 Bewohner aus Kärnten auswandern würden, da sie keine Arbeit mehr finden und daher keine Zukunftsperspektiven mehr hätten. Die Auswanderer würden der Kärntner Wirtschaft fehlen - dem Bäcker, den Gastwirten, etc. Das würde die lokale Wirtschaft in noch tiefere Probleme stürzen. Die Folgen: Öffentliche Angestellte, die ihre Löhne und Pensionen nicht oder nur mehr teilweise erhalten. Gewerbebetriebe, die ihre Rechnungen von der öffentlichen Hand nicht mehr oder nicht mehr zur Gänze bezahlt bekommen. Ein genereller wirtschaftlicher Niedergang und daraus folgend weitere Anschlusskonkurse und Arbeitsplatzverluste. Bei einer Pleite Kärntens sind eben nicht nur die HETA-Gläubiger die Gläubiger Kärntens, sondern alle, die Ansprüche gegenüber Kärnten haben!
Wer nun glaubt, dass alle anderen Österreicher auf einer Insel leben und eine Pleite Kärntens den Rest von Österreich nichts angeht, der irrt. Wenn man Österreich mit den USA vergleichen möchte, so muss man auch erzählen, dass die USA kein ordentliches Sozialsystem haben - das in Österreich wiederum von Gläubigern finanziert wird - und dass man in den USA, wenn nötig, auch Hunderttausende auf der Straße oder auf Parkplätzen schlafen lässt, weil sie alles verloren haben.
Herr Schelling, Landeshauptmann Kaiser und Frau Schaunig wollen also tatsächlich eine Pleite Kärntens riskieren?
Wegen ein bis zwei Milliarden Euro, welche zur Abwendung einer Insolvenz benötigt werden?
Österreich verschwendet jährlich ein Vielfaches von diesem Betrag. Reformen sind für Kärnten und ganz Österreich wichtig und richtig. Aber nicht auf Kosten jener, die das gesamte System Österreich finanzieren! Denn die Leidtragenden einer Zahlungsunfähigkeit wären am Ende die Kärntner Bürger und später auch die Bürger der anderen Bundesländer.
Gastbeitrag von Anton Karl
Anton Karl ist Jurist und hat einen MBA der Rice University in Houston, Texas. Vor 15 Jahren wanderte er aus Österreich aus. Nach Tätigkeiten bei Banken in New York, London, Frankfurt und Zürich berät er heute zusammen mit einem Expertennetzwerk institutionelle und private Anleger in verschiedenen Projekten. Karl wohnt in der Nähe von Zürich.
Viel wurde über eine mögliche Pleite Kärntens in den letzten Wochen geschrieben. Wenig über die gravierenden Auswirkungen für die Menschen in Kärnten. Nicht nur Firmen mit Landes-Aufträgen könnten nach einem Zahlungsausfall des Landes in Bedrängnis kommen und Mitarbeiter entlassen, auch Beamte im Landesdienst könnten gekündigt werden und die Pension gekürzt bekommen!
+ Sind die Kärntner Landeshaftungen überhaupt gültig?
+ Negativ-Zinsen bei der EZB, 8 % Zinsen von Kärnten!
+ Gläubiger-Forderungen deshalb auf 108 % gestiegen
+ Landesbedienstete in Kärnten: 14.000 Kündigungen möglich
+ Pensionskürzungen für Beamte?
+ Wie in Griechenland: Gläubiger-Troika steuert Kärnten und die Regierung muss Vorgaben umsetzen
+ Kärnten-Tourismus in Gefahr?
+ Kärntens Vermögenswerte werden verpfändet und warum der Vergleich mit der Pleite-Stadt Detroit hinkt
Kärnten-Pleite: Landes-Beamte vor Jobverlust? Pensionskürzungen?
Finanzminister Dr. Hans Jörg Schelling, die Kärntner Finanzreferentin Dr. Gaby Schaunig und der Kärntner Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser verniedlichen und streuen den Menschen Sand in die Augen. Sie spielen die Folgen für die Kärntnerinnen und Kärntner hinunter und wollen die Bürger glauben machen, dass eine Insolvenz Kärntens - wenn überhaupt - erst in ein paar Jahren möglich sein wird.
Die Folgen der Zahlungsunfähigkeit des Landes für die Bewohner Kärntens sind viel schlimmer als öffentlich von den Politikern dargestellt. Die Pleite Kärntens ist keine abstrakte, noch Jahre entfernte Gefahr, sondern, wie immer mehr klar wird, ein sehr konkret und bald drohendes Szenario.
Nach Klagen von HETA-Gläubigern mit mündelsicheren Anleihen, die 2015 fällig waren aber nicht zurückbezahlt wurden, sind für Anfang Juni anstehende Urteile des Landgerichtes Frankfurt sofort gegen die HETA vollstreckbar. Da die Firmengruppe der HETA Asset Resolution AG beträchtliche Vermögenswerte außerhalb Österreichs besitzt (Balkan, Deutschland), kann ein österreichisches Gericht oder eine österreichische Behörde (wie die Finanzmarktaufsicht FMA) diese Zwangsvollstreckung nicht stoppen.
Die HETA würde aufgrund der Gefahr von Gläubigerbevorzugung sofort Insolvenz anmelden müssen. Kärnten wäre sofort in der eindeutigen juristischen Situation, die Ausfallsbürgschaft gemäß § 1356 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) bedienen zu müssen. Auch der Verfassungsgerichtshof wird in der Herbst-Session (September/Oktober) Recht sprechen, nämlich über Schellings Banken-Abwicklungsgesetz (BaSAG).
Spätestens dann wird Kärnten in die Ziehung kommen, wenn man bedenkt, dass der Verfassungsgerichtshof bereits im Urteil zum Hypo-Sondergesetz HaaSanG klar und unmissverständlich die Gültigkeit der Landeshaftungen bejaht hat und dieses als verfassungswidrig aufgehoben hat. Auch im gestrigen FMA-Bescheid zum Schuldenschnitt wurde von der Finanzmarktausicht unterstrichen, dass dieser die Landeshaftungen nicht berührt.
Sind die Kärntner Landeshaftungen überhaupt gültig?
Landeshauptmann Kaiser und Finanzreferentin Schaunig versuchen mit hektischen und rechtlich fragwürdigen Alibi-Aktionen sowie haarsträubenden Argumenten Gegenmaßnahmen zu setzen. Sie behaupten etwa, dass die Landeshaftungen, welche per Gesetz und schriftlich in Verträgen zugesichert wurden, rückwirkend nicht gültig seien.
Wenn es nicht so tragisch wäre, müsste man fast lachen: Das Land Kärnten hat im Jahr 2012 mit einer Klage beim Landesgericht Klagenfurt feststellen lassen, dass die Landeshaftungen des Landes Kärnten für die HETA gültig seien, um auch weiterhin die Haftungsprovisionen kassieren zu können. Kärnten hat per Urteil vom 27. April 2012 vollumfänglich Recht bekommen und rund 6 Mio. Euro kassiert.
Weshalb behaupten Landeshauptmann Peter Kaiser und Finanzreferentin Gaby Schaunig heute genau das Gegenteil von dem, was das Land Kärnten noch vor etwa 4 Jahren selbst gerichtlich erstritten haben? Siehe dazu auch in diesem treffenden Kommentar von NEWS.
Auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes hat im Dezember 2015 an den österreichischen Verfassungsgerichtshof geschrieben: Die Gültigkeit und das Schlagendwerden der Landeshaftungen sei durch Schellings BaSAG, das Zahlungsmoratorium und die Abwicklung durch die Finanzmarktaufsicht nicht beeinträchtigt. Damit wurde auch der Wille des Gesetzgebers ausdrücklich klargestellt.
Glauben Gaby Schaunig und Peter Kaiser wirklich, dass mit einer Vogel-Strauss-Politik mit Kopf in den Sand stecken die Haftungsprobleme von alleine verschwinden?
Negativ-Zinsen bei der EZB, 8 % Zinsen von Kärnten!
Das Ergebnis dieser Verzögerungstaktik der Kärntner Politik wird sein, dass die vertraglichen Verzugszinsen von beinahe 800 Millionen Euro pro Jahr und die Klagskosten die finanziellen Leiden und wirtschaftlichen Folgen für die Kärntner Bevölkerung noch viel größer machen werden. Das ist - gerade in Zeiten mit negativen Notenbank-Zinsen - ein völlig unnötiges und verantwortungsloses Spiel mit dem Schicksal der Menschen sowie eine weitere enorme Verschwendung von Steuergeld!
Die HETA-Schulden Kärntens sind seit dem Schulden-Moratorium vom 1.3.2015 aufgrund der 8 % Verzugszinsen p.a. deshalb von 11 Mrd. Euro auf knapp 12 Mrd. Euro angestiegen (auf 108 % nach 1 Jahr) und mit jedem Tag "Wartezeit" wird es schlimmer, da weitere ca. 2 Mio. Euro Schulden dazukommen. Hier eine Übersicht, wie eine Grundschuld von 100 Euro bei 8 % Zinsen rasch weiter anwächst. Nach 5 Jahren beträgt die Forderung bereits 147 Euro!
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Landesbedienstete in Kärnten:
14.000 Jobs sowie Pensionen in Gefahr!
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser und die Kärntner Finanzreferentin Gabriele Schaunig haben ein Gutachten bei den Universitätsprofessoren Dr. Georg Kodek und Dr. Michael Potacs zu den Folgen einer Kärnten-Pleite in Auftrag gegeben.
Wie man das so kennt, sind (bezahlte) Auftragsgutachten immer etwas positiver zugunsten des Auftraggebers geschrieben. Trotzdem beinhaltet dieses Gutachten schon äußerst bedenkliche und existenzgefährdende Zukunftsaussichten für einen beträchtlichen Teil der Kärntner Bevölkerung. Von 20.000 Landesbediensteten sind die Jobs von 14.000 gefährdet.. Wenn man davon ausgeht, dass jede(r) Landesbedienstete mit weiteren ein bis zwei Personen in einem Haushalt wohnt, so betreffen wichtige Passagen aus dem Gutachten unmittelbar die Existenz von 40.000 bis 50.000 Kärntnerinnen und Kärntnern!
Das Wirtschaftsmagazin trend schreibt dazu wie folgt:
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Wir sehen also, dass selbst ein "bezahltes Auftragsgutachten" tausendfache Kündigungen für möglich hält und die Pensionsansprüche der Beamten und Vertragsbediensteten nur bis maximal 2 Jahren als sicherbar bezeichnet. Was ist mit den restlichen Pensionsansprüchen? Die werden einfach nicht mehr komplett bezahlt und die Bezieher müssen jahrelang auf Teilzahlungen warten.
Wie in Griechenland: Gläubiger-Troika steuert Kärnten und die Regierung muss Vorgaben umsetzen
Griechenland ist nicht in die Pleite gegangen, wie sie bei Kärnten droht, aber man sieht gut, wie z.B. mit den "nicht mehr gebrauchten" Pensionisten umgesprungen wird!
Interessant ist der Verweis von Landeshauptmann Kaiser gegenüber dem ORF, dass nie ein Insolvenzverwalter das Land regieren würde. Das könnte durchaus sein. Auch Griechenland wird weiterhin von einer Regierung geführt, die das gewählte Parlament bestimmt hat. Was der Landeshauptmann nicht sagt, ist, dass wichtige Entscheidungen in Griechenland nicht mehr von Ministerpräsident Alexis Tsipras gefällt werden, sondern von der Troika der Geldgeber EU, EZB und IWF!
Würde Kärnten dann von einem (neuen) Landeshauptmann regiert, aber alle Finanz-Entscheidungen werden von einer Troika der Gläubiger (Bund, Landesanleihen, HETA-Anleihen) gefällt?
Kärnten-Tourismus in Gefahr?
Als Griechenland 2012 von der Pleite bedroht war, kam es zu einem Rückgang der Touristenzahlen. Verständlich, denn niemand will seinen Urlaub in einem Land verbringen in dem Museen geschlossen sind und öffentliche Verkehrsmittel möglicherweise nicht funktionieren oder ein Flughafen (in Staatsbesitz) den Betrieb einstellt. So gab es in Griechenland im Jahr 2011 16,4 Mio. Besucher (arrivals of non-residents; ELSTAT). Im Jahr 2012 waren es 15,5 Mio. Besucher. Nach der Rettung durch die Euro-Partner und der Stabilisierung des Landes gab es wahren Boom mit einem Anstieg auf 22 Mio. Gäste im Jahr 2014 und weiteren Zuwächsen 2015.
Urlauber aus Deutschland (34 % der Gäste im 2015) werden bereits jetzt durch Presseberichte zur möglichen Kärnten-Pleite verunsichert. Verständlich, denn wer möchte statt Entspannung dann doch Stress haben im Urlaub? Die meisten öffentlichen Verkehrsmittel sind durch eine Insolvenz Kärntens nicht betroffen (z.B. ÖBB), aber was ist etwa mit dem Flughafen Klagenfurt? Einige Einrichtungen in Landesbesitz könnten im Worst Case auch geschlossen werden. Welchen Schaden für die Tourismuswirtschaft zu erwarten wäre, nämlich ein Rückgang bei den Nächtigungen bzw. Entlassungen bei Tourismusbetrieben, ist schwer absehbar.
Kärntens Vermögenswerte werden verpfändet und warum der Vergleich mit der Pleite-Stadt Detroit hinkt
Es wäre aber nicht Österreich, wenn nicht auch für den Fall der Pleite Kärntens einige Herrschaften mit besonders schlauen Ideen aufwarten würden. Ein gängiger Einwand in Österreich ist folgender: Durch Kündigungen von Landesbediensteten wird kein Vermögen generiert, das zur Befriedigung der Ansprüche notwendig gewesen wäre. Viel eher sind Besitztümer des Bundeslandes in Gefahr. Immobilien, Kulturgüter, Wertsachen im Landesbesitz müssten zugunsten der Gläubiger veräußert werden. Der Betrieb des Bundeslandes könnte durch einen zinslosen Kredit des Bundes sichergestellt werden. Ob es dabei zu Rationalisierungen und deshalb Kündigungen kommen würde, ist offen.
Wer so etwas sagt, hat noch nichts vom Gutachten der beiden Kärntner Gutachter Kodek und Potacs gehört. Und er hat die Systematik einer Pleite Kärntens nicht verstanden. Und er vergisst dabei eine wesentliche Tatsache:
Vermögen besteht nicht nur aus Besitztümern, sondern auch aus "Fiskalvermögen" (Geld und Geldforderungen). Was manche Politiker den Bürgern erzählen, funktioniert in der Realität nicht. Denn sobald der Bund dem Land weiteres Geld borgt, vermengt sich dieses gem. § 371 ABGB mit dem bestehenden Fiskalvermögen auf den Konten Kärntens. Der Bund hätte dadurch zwar höhere Forderungen, diese würden aber selbst wiederum nur gemäß Quote bedient. Der Masseverwalter des Landes Kärnten würde bei Zahlungseingang des Kredites vom Bund Herr über dieses Geld werden. Diese Geldtransfers vom Bund an Kärnten würden auch den anderen Gläubigern gemäß Quote zukommen. Auch dienen gem. § 16 Abs 2. F-VG (Finanzverfassungsgesetz) beträchtliche Teile der Zahlungen aus dem Finanzausgleich der Gläubigerbefriedigung.
Im Hinblick auf die Vollstreckbarkeit in Kärnten gibt es vom Verfassungsjuristen DDr. Heinz Mayer hier einen aktuellen Kommentar in dem er auch darauf hinweist, wie sich Kärnten derzeit "arm rechnet".
Im Detail heißt das: Die Ansprüche der Beamten und Landesbediensteten sind daher Forderungen gegenüber dem Land Kärnten. Sie werden dadurch genauso Gläubiger und werden nur kleinweise über viele Jahre bedient. Die HETA-Gläubiger haben vertraglich vereinbarte Verzugszinsklauseln, die Landesbediensteten leider nicht. Daher steigt sogar die aliquote Masseforderung der HETA-Gläubiger über die Jahre verglichen mit den Forderungen der Landesbediensteten. Der Trick, dass der Bund dem Land weiter Geld leiht, ist daher nicht möglich, da Geldtransfers vom Bund an das Land Kärnten sofort in die Masse übergehen und sich mit dem Geldvermögen des Landes Kärnten vermengen. Eine Verpfändung von Kärntner Vermögensgegenständen nur zum Vorteil des Bundes darf der Masseverwalter im Fall der Pleite nicht mehr zulassen, da es sich dabei um eine unzulässige Gläubigerbevorzugung handeln würde.
Auch die Verpfändung von Vermögen an die Bundesfinanzierungsagentur ist problematisch, da Negativ-Klauseln bei Anleihen oder anderen Kreditverträgen einen Domino-Effekt (wie z.B. vorzeitige Fälligkeiten) auslösen könnten, wie in diesem Der STANDARD-Artikel beschrieben wird.
Viel bedenklicher ist aber, dass bereits jetzt eine Mehrklassengesellschaft an Gläubigern entsteht. Das Land Kärnten verpfändet mittlerweile regelmäßig Vermögen zugunsten des Bundes, diverser Banken und Anleihegläubiger Kärntens. Das benachteiligt die HETA-Gläubiger, welche diese Transaktionen rückwirkend anfechten können und sicher auch werden (im Falle einer Kärnten-Pleite). Aber noch viel schlimmer ist: Diese Verpfändungen benachteiligen die tausenden Kleingläubiger wie Landesbedienstete oder Gewerbebetriebe! Denn sie erhalten ja keine Pfandgegenstände und müssen dann im Insolvenzverfahren selbst schauen, wo sie und ihre Forderungen bleiben. Wo bleibt hier eigentlich die Stimme der sonst so lauten Personalvertreter und der Kärntner Wirtschaftskammer?
Daher ergibt sich als Schlussfolgerung: Durch Kündigung von Landesbediensteten wird - gemäß der Ausführungen von eben - sehr wohl Vermögen geschaffen, indem zusätzliches Fiskalvermögen (Geld) eingespart wird bzw. angehäuft werden kann, welches zur Befriedigung aller Gläubiger gemäß Quote herangezogen wird.
Kärnten kann sich (selbst) gemäß der "Auftragsgutachter", den Universitätsprofessoren Kodek und Potacs, auch nicht entschulden, da es das sogenannte "Nachforderungsrecht" für Gläubiger über mindestens 30 Jahre gibt. Die Spirale des Niedergangs würde also mehrere Jahrzehnte dauern!
Die Neue Zürcher Zeitung stellt dazu im Artikel Warum der Konkurs Kärnten nichts bringen würde fest:
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Der bekannte Ökonom Dr. Bernhard Felderer, seines Zeichens derzeit Präsident des österreichischen Fiskalrates und ein enger Vertrauter von Finanzminister Schelling, ging im März von einer Annahme des Rückkaufangebotes der Anleihen aus und vergleicht eine mögliche Pleite Kärntens mit der Insolvenz der US-Stadt Detroit 2013 und dass der Bund helfen kann, aber nicht muss.
Schauen wir uns also zum Schluss den Vergleich Felderers genauer an: Detroit stellt mit 680.000 Einwohnern rund 0,21 % der Bevölkerung der USA. Die Kärntner Bevölkerung dagegen macht mit 560.000 Einwohnern 6,43 % der gesamten österreichischen Bevölkerung (8,7 Mio.) aus, womit Kärnten etwa 30 Mal bedeutender ist für Österreich als Detroit für die USA.
Seit Jahren schrumpft die Einwohnerzahl Detroits aufgrund der Perspektivenlosigkeit. Alleine in den letzten 15 Jahren kehrten mehr als 1/4 der Bewohner der früheren Millionenstadt den Rücken (2000 vs. 2014 -28 % Bevölkerungsschwund). Zum Thema Detroit-Pleite gab es kürzlich auch einen interessanten ORF-Bericht: Abwanderung setzt der Stadt zu.
Auf Kärnten umgelegt bedeutet so eine Entwicklung, dass 157.000 Bewohner aus Kärnten auswandern würden, da sie keine Arbeit mehr finden und daher keine Zukunftsperspektiven mehr hätten. Die Auswanderer würden der Kärntner Wirtschaft fehlen - dem Bäcker, den Gastwirten, etc. Das würde die lokale Wirtschaft in noch tiefere Probleme stürzen. Die Folgen: Öffentliche Angestellte, die ihre Löhne und Pensionen nicht oder nur mehr teilweise erhalten. Gewerbebetriebe, die ihre Rechnungen von der öffentlichen Hand nicht mehr oder nicht mehr zur Gänze bezahlt bekommen. Ein genereller wirtschaftlicher Niedergang und daraus folgend weitere Anschlusskonkurse und Arbeitsplatzverluste. Bei einer Pleite Kärntens sind eben nicht nur die HETA-Gläubiger die Gläubiger Kärntens, sondern alle, die Ansprüche gegenüber Kärnten haben!
Wer nun glaubt, dass alle anderen Österreicher auf einer Insel leben und eine Pleite Kärntens den Rest von Österreich nichts angeht, der irrt. Wenn man Österreich mit den USA vergleichen möchte, so muss man auch erzählen, dass die USA kein ordentliches Sozialsystem haben - das in Österreich wiederum von Gläubigern finanziert wird - und dass man in den USA, wenn nötig, auch Hunderttausende auf der Straße oder auf Parkplätzen schlafen lässt, weil sie alles verloren haben.
Herr Schelling, Landeshauptmann Kaiser und Frau Schaunig wollen also tatsächlich eine Pleite Kärntens riskieren?
Wegen ein bis zwei Milliarden Euro, welche zur Abwendung einer Insolvenz benötigt werden?
Österreich verschwendet jährlich ein Vielfaches von diesem Betrag. Reformen sind für Kärnten und ganz Österreich wichtig und richtig. Aber nicht auf Kosten jener, die das gesamte System Österreich finanzieren! Denn die Leidtragenden einer Zahlungsunfähigkeit wären am Ende die Kärntner Bürger und später auch die Bürger der anderen Bundesländer.
Gastbeitrag von Anton Karl
Anton Karl ist Jurist und hat einen MBA der Rice University in Houston, Texas. Vor 15 Jahren wanderte er aus Österreich aus. Nach Tätigkeiten bei Banken in New York, London, Frankfurt und Zürich berät er heute zusammen mit einem Expertennetzwerk institutionelle und private Anleger in verschiedenen Projekten. Karl wohnt in der Nähe von Zürich.
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