Die SPD hat den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, gegen scharfe Kritik vom Koalitionspartner CDU/CSU in Schutz genommen. "Die einseitige Debatte zur EZB in Deutschland beschädigt die Reputation dieser Institution, die sich als einzige in der Krise als durchgängig handlungsfähig erwiesen hat", sagte Carsten Schneider, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, dem "Handelsblatt" (Dienstagausgabe).
Ein Reputationsverlust der EZB, die auch noch für die Bankenaufsicht zuständig ist, liege nicht im deutschen Interesse. "Der Finanzminister und die Politik insgesamt sind aufgerufen, die Unabhängigkeit der Geldpolitik zu verteidigen", forderte Schneider. Auch der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lothar Binding, rief die Kritiker aus der Union zur Mäßigung auf. "Wenn man die Unabhängigkeit der EZB hochhält, darf man die Kritik nicht so scharf formulieren, dass es den Anschein hat, man wolle Geld- und Währungspolitik ändern", sagte der SPD-Finanzexperte dem "Handelsblatt".
SPD-Chefhaushälter Johannes Kahrs hält eine sachliche Debatte über die Geldpolitik für gerechtfertigt. "In der Sache kann man kritisieren, aber in der Form muss man vorsichtig sein", so Kahrs gegenüber dem "Handelsblatt". Äußerungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die EZB-Geldpolitik habe der rechtspopulistischen AfD Auftrieb gegeben, hält Kahrs für falsch. Der Erfolg der AfD habe nicht unbedingt mit der EZB zu tun.
"Ich würde die Schuld eher bei der Politik suchen." Der SPD-Finanzexperte betonte zudem, dass gerade Schäuble von der EZB profitiere. "Der Bundesfinanzminister verzichtet nicht aus Protest auf die vielen Milliarden Euro, die er im Haushalt wegen der niedrigen Zinsen spart", sagte Kahrs. "Die schwarze Null ist nur da, weil es diese Politik der EZB gibt."