Regensburg (ots) - von Christian Kucznierz, MZ
Angela Merkel lässt also zu, dass ein Verfahren gegen Jan Böhmermann wegen Beleidigung von Organen oder Mitgliedern einer ausländischen Regierung eingeleitet wird. Ist die deutsche Kanzlerin also eingeknickt? Nein. "Im Rechtsstaat ist es nicht Sache der Regierung, sondern von Staatsanwaltschaften und Gerichten, das Persönlichkeitsrecht und andere Belange gegen die Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen", sagte Merkel. Aber wirklich gut steht sie damit nicht da. Die Kanzlerin stand vor einem Dilemma. Sie hätte das Gesuch der Türkei ablehnen können. Nur hätte sie sich dabei über das Gesetz gestellt. Sie hätte dasselbe Verhalten an den Tag gelegt, mit dem Recep Tayyip Erdogan sein Land nach seinem Willen gestaltet und Rechte ignoriert, aushebelt, biegt, wie es ihm gefällt. Es gibt nun einmal den Paragrafen 103 im deutschen Strafgesetzbuch - zumindest noch. Ihn abzuschaffen ist Absicht der Bundesregierung, und das ist auch gut so. Merkel hat das türkische Gesuch zugelassen, und damit liegt Böhmermanns Schicksal nun in den Händen der deutschen Justiz. Das ist unschön, aber es ist der juristisch korrekte Weg und damit der, den Erdogan nicht zu seinen Präferenzen zählt. Aber: Ein Prozess, der als Beispiel dafür gelten soll, was es bedeutet, rechtsstaatliche Normen zu haben und zu achten, und das auf Kosten eines Künstlers? Ein gewagter Spagat. Wer hofft, dass dieses Vorgehen erzieherisch wirksam für den türkischen Staatschef ist, wird enttäuscht werden. Immerhin aber kann Böhmermann darauf setzen, dass in Deutschland die Freiheit der Meinung und die der Kunst Grundrechte sind. Den Makel aber, dass sich in der Sache die Bundesregierung als von Erdogan erpressbar dargestellt hat, wird auch ein Freispruch gegen Böhmermann nicht hinwegfegen. Es ist einem Antidemokraten gelungen, unser Verständnis von freier Meinung, freier Kunst und Kritik - auch in vielleicht unangenehmer oder unerträglicher Form - zu torpedieren.
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Angela Merkel lässt also zu, dass ein Verfahren gegen Jan Böhmermann wegen Beleidigung von Organen oder Mitgliedern einer ausländischen Regierung eingeleitet wird. Ist die deutsche Kanzlerin also eingeknickt? Nein. "Im Rechtsstaat ist es nicht Sache der Regierung, sondern von Staatsanwaltschaften und Gerichten, das Persönlichkeitsrecht und andere Belange gegen die Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen", sagte Merkel. Aber wirklich gut steht sie damit nicht da. Die Kanzlerin stand vor einem Dilemma. Sie hätte das Gesuch der Türkei ablehnen können. Nur hätte sie sich dabei über das Gesetz gestellt. Sie hätte dasselbe Verhalten an den Tag gelegt, mit dem Recep Tayyip Erdogan sein Land nach seinem Willen gestaltet und Rechte ignoriert, aushebelt, biegt, wie es ihm gefällt. Es gibt nun einmal den Paragrafen 103 im deutschen Strafgesetzbuch - zumindest noch. Ihn abzuschaffen ist Absicht der Bundesregierung, und das ist auch gut so. Merkel hat das türkische Gesuch zugelassen, und damit liegt Böhmermanns Schicksal nun in den Händen der deutschen Justiz. Das ist unschön, aber es ist der juristisch korrekte Weg und damit der, den Erdogan nicht zu seinen Präferenzen zählt. Aber: Ein Prozess, der als Beispiel dafür gelten soll, was es bedeutet, rechtsstaatliche Normen zu haben und zu achten, und das auf Kosten eines Künstlers? Ein gewagter Spagat. Wer hofft, dass dieses Vorgehen erzieherisch wirksam für den türkischen Staatschef ist, wird enttäuscht werden. Immerhin aber kann Böhmermann darauf setzen, dass in Deutschland die Freiheit der Meinung und die der Kunst Grundrechte sind. Den Makel aber, dass sich in der Sache die Bundesregierung als von Erdogan erpressbar dargestellt hat, wird auch ein Freispruch gegen Böhmermann nicht hinwegfegen. Es ist einem Antidemokraten gelungen, unser Verständnis von freier Meinung, freier Kunst und Kritik - auch in vielleicht unangenehmer oder unerträglicher Form - zu torpedieren.
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