Hagen (ots) - Hätte die SPD die Nöte der CDU, könnte sie sich glücklich schätzen: Eine neue Partei knabbert einen Rand vom Wählerkuchen an? Ärgerlich. Haben die Sozialdemokraten bereits mit Grünen und Linken erlebt. Und dennoch einen Kanzler gestellt. Wenn Sigmar Gabriel bei den derzeitigen Umfragewerten seine Kandidatur bekannt gibt, folgt er dabei lediglich einer Tradition, ohne reale Machtperspektive. Eine populäre Idee, um das zu ändern, lautet, die SPD müsse zu ihren Wurzeln zurückkehren, soziale Gerechtigkeit wieder größer auf die Fahne schreiben. Was richtig ist: Ohne diesen Markenkern werden Sozialdemokraten nichts gewinnen. Aber er reicht nicht aus. Für die Sozialtransfer-Empfänger spricht die Linke lauter. Und die arbeitende Bevölkerung versteht Gerechtigkeit eben auch so, dass sie nicht von Steuern und Abgaben überfordert wird. Deshalb hat die SPD stets gut damit gelebt, über einen Wirtschaftsflügel zu verfügen und über einen linken. Brandt hatte Schmidt, Schmidt hatte Brandt und Schröder Lafontaine. Nur der arme Gabriel soll als Parteichef und Wirtschaftsminister alles erledigen. Das kann im Detail (TTIP) wie im Ganzen nicht funktionieren. Oder soll das die Arbeitsteilung werden: Die SPD beklagt die sich angeblich öffnende Schere zwischen Arm und Reich und spekuliert auf die Stimmen der Rentner, während Kanzlerin Merkel sich für die gute Wirtschaftslage feiern lässt, die doch in erster Linie Schröders Agenda 2010 zu verdanken ist? Paradox. Eine Kurskorrektur der Union wäre die SPD-Chance gewesen. In der Mitte ist mehr zu verlieren als rechts zu gewinnen. Doch Merkel weiß: Die Stimmung in den geschrumpften Parteien entspricht nicht der bei den Wählern. Das ist ein gemeinsames Problem.
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