Bielefeld (ots) - Bei Facebook gehören sie zu den beliebtesten Fotomotiven: die kleinen Hunde- und Katzenbabies, Lämmer und Ferkel, Enten- und Hühnerküken. Letztere erscheinen in ihrem leuchtend gelben Flaum so zart und schutzlos, dass man unwillkürlich die Hand über sie breiten und sie geschützt durchs Leben als Huhn oder Hahn führen möchte. Um so schockierender ist die Nachricht, dass 48 Millionen dieser Küken jährlich grausig getötet werden. Noch bevor sie ein Tag alt sind, werden sie von einem Fließband aussortiert; die weiblichen kommen in die Aufzucht, die männlichen in eine Schreddermaschine oder zum Ersticken in die Gasanlage. Ein kleiner Teil dient wenigstens als Futter für andere Tiere. Der andere ist Abfall, Müll . . . Ist das zulässig? Es ist legal, urteilte jetzt das Oberlandesgericht in Münster. Und nur diese Frage haben Richter zu beurteilen. Das Tierschutzgesetz erlaubt das Töten von Tieren, wenn dafür ein »vernünftiger« Grund vorliegt. Demnach ist es »unvernünftig«, männliche Küken großzuziehen. Schließlich legen Hähne nun mal keine Eier. Dafür fressen sie viel - so viel, dass sich ihre Aufzucht zum späteren Verzehr durch die Menschen wirtschaftlich nicht lohnt. Die Richter folgten den wirtschaftlichen Argumenten. Damit entzogen sie sich der moralischen Frage, ob das Töten eines kleinen Kükens anders zu bewerten ist als das Schlachten eines Kalbes oder einer erwachsenen Sau. Und ob der Verzehr von Fleisch ein ausreichendes Argument ist, ein Tier zu töten. Die langsam wachsende Zahl von Vegetariern und Veganern macht deutlich, dass die Frage heute nicht mehr so selbstverständlich wie noch vor wenigen Jahren mit »Ja« beantwortet werden kann. Denjenigen, die jetzt überlegen, ob sie unter diesen Umständen künftig lieber auf das Frühstücksei verzichten, keinen Teig mehr anrühren und weiter keine Speisen, in denen Eier verarbeitet wurden, mehr essen wollen, gilt augenblicklich der Hinweis: Man ist auch als Verbraucher nicht ganz machtlos. Immerhin gibt es mindestens drei Netzwerke von Haltern, die neben Hühnern auch männliche Küken aufziehen. Die Eier der Initiativen Bruderhahn und Ei care sowie des Projekts Hähnlein sind allerdings kaum in Supermärkten zu finden. Da muss man in der Regel schon einen Bioladen aufsuchen und auch etwas mehr fürs Ei bezahlen. Mehr Wirkung verspricht ein Forschungsprojekt der Universitäten Dresden und Leipzig. Wenn schon bald die Züchter nicht mehr das Schlüpfen des Kükens abwarten müssen, sondern schon frühzeitig beim befruchteten Ei das Geschlecht feststellen können, gibt es auch keine wirtschaftlichen Gründe mehr für den millionenfachen Kükentod. Es besteht also Hoffnung, dass das Münsteraner Urteil von diesem Freitag schon bald revidiert werden kann.
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