Regensburg (ots) - Die deutsche Kanzlerin stand bei ihrem Besuch in Istanbul gleich unter dreifachem Druck. Erstens darf das Flüchtlingsabkommen mit Ankara nicht scheitern, weil dann wahrscheinlich sofort wieder Ströme von Flüchtlingen über die Ägäis versuchen würden, ins EU-Land Griechenland zu gelangen. Gleichzeitig darf sich die Kanzlerin jedoch nicht von Recep Tayyip Erdogan gleichsam wie am Nasenring durch die Arena ziehen lassen. Dass Merkel gestern in der Türkei offen ließ, ob es rasch eine Regelung über Visafreiheit für Türken geben werde, war ein kontrolliertes Signal dafür, dass sie sich nicht dem "Herrscher vom Bosporus auszuliefern gewillt ist. Zweitens haben Vertreter der türkischen Zivilgesellschaft, Anwälte, Journalisten, Kurden, lange mit der deutschen Regierungschefin gesprochen. Sie erwarten von ihr, dass sie gegenüber Erdogan in Sachen Demokratie und Menschenrechte Flagge zeigt. Das hat Merkel, ohne Erdogan öffentlich zu brüskieren, getan. Drittens hat die Kanzlerin auch ihren Kritikern in Deutschland, von ganz links bis in die Reihen der bayerischen Schwesterpartei CSU hinein, gezeigt, dass sie - und die gesamte EU - sich nicht von Erdogan erpressen lassen will. Im diplomatischen Poker mit Ankara ist Merkel nun ein kontrolliertes Risiko eingegangen. Sie will das Alles-oder-Nichts, das Erdogan gern spielt, auflösen.
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