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KTG Agrar: Was war denn da los?!

Finanznachrichten News

Liebe Leserin, lieber Leser,

am gestrigen Montag geriet die Aktie von KTG Agrar kräftig unter Druck: Zwischenzeitlich hieß es zu Wochenbeginn rund 20% Minus bei der Aktie! Die Notierung brach von gut 10 Euro auf ein Tagestief von knapp unter 8 Euro ein, bevor es dann intraday zu einer Erholung kam. Was war da los? Da ich den Titel seit Längerem auf meiner Watchlist habe, war mir diese Entwicklung aufgefallen. Und bereits vorigen Donnerstag hatte die Aktie im Bereich 10% verloren. Schauen wir doch zunächst einmal, was die KTG Agrar SE selbst zu diesem Kursverlust mitteilte. Denn am Montag (mit den zwischenzeitlich 20% Minus) veröffentlichte die Investor Relations-Abteilung von KTG Agrar diese Meldung:

"Aus Sicht der KTG Agrar SE gibt es keinen aktuellen operativen Grund für die Kursrückgänge der vergangenen Tage. Alle drei Geschäftsbereiche (Agrar, Nahrung, Energie) haben sich im laufenden Jahr bisher besser entwickelt als 2015. Auch die Entwicklung auf den Feldern bis Ende Mai ist erfreulich."
Quelle: Stellungnahme KTG Agrar 30.5.2016

Jahresabschluss 2015 Grund für Kurseinbruch?

Also alles ungerechtfertigt - glänzende Entwicklung, völlig aus den Wolken gegriffene Kursverluste? Schauen wir einmal. Interessanterweise hatte die KTG Agrar SE wenige Tage zuvor (am 24. Mai 2016) den Jahresabschluss für 2015 veröffentlicht. Vielleicht besteht da zwischen den Kursverlusten und dem Jahresbericht doch ein Zusammenhang - auch wenn dann die Reaktion einige Tage auf sich warten ließ. Sollte es vielleicht dazu gekommen sein, dass Investoren sich wirklich intensiv mit dem Zahlenwerk auseinander gesetzt haben mit den Mitteln der Fundamentalanalyse? Das würde ich persönlich im Sinne aufmerksamer und kritischer Aktionärinnen und Aktionäre begrüßen - und so eine Analyse benötigt eben Zeit, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Schauen wir deshalb in diesen Jahresabschluss hinein. Zuvor aber ein Blick auf den Chart der KTG Agrar Aktie:

Chart KTG Agrar KTG Agrar Chart Aktie

Dargestellt ist die Kursentwicklung der KTG Agrar-Aktie (ISIN: DE000A0DN1J4) im Xetra-Handel. Quelle: Finanzen100

Und nun der Blick auf den vor wenigen Tagen veröffentlichten Jahresabschluss der KTG Agrar SE:

KTG Agrar: Die Eckdaten 2015 im Überblick

  • Die Umsätze stiegen von 234,119 Mio. Euro in 2014 auf 326,476 Mio. Euro in 2015. Das entspricht einem Anstieg von 39,4%.
  • Hier wirkte sich insbesondere der starke Umsatzanstieg im Bereich "Agrar" (= Kerngeschäft) aus: +62,7% auf 97,5 Mio. Euro hieß es da.
  • Wenn im Kernbereich das Wachstum höher als das Gesamtwachstum lag - dann muss es einen Bereich mit unterdurchschnittlichem Umsatzwachstum gegeben haben. In der Tat: Beim Bereich "Nahrung" lag der Umsatz mit 102,4 Mio. Euro kaum ein "Milliönchen" über dem Wert des Vorjahres (103,3 Mio. Euro). Hier soll ein Unternehmensteil im Bereich Tiefkühlkost aber auch verkauft worden sein.
  • Der Materialaufwand stieg noch stärker als der gesamte Umsatz, und zwar um 50,5% auf 202,007 Mio. Euro.
  • Der Personalaufwand hingegen ging leicht (-1,4%) zurück, auf 31,038 Mio. Euro.
  • Das Ebit (Ebit = Ergebnis vor Zinsen und Steuern) konnte leicht gesteigert werden, und zwar stieg es von 37,092 Mio. Euro in 2014 auf 38,044 Mio. Euro.
  • Da ein großer Teil der Ausgaben stärker stieg als die Einnahmen, sank die Ebit-Marge. Bei dieser Kennzahl hieß es minus 2,4 Prozentpunkte, von 12,5% auf 10,1%.

Quelle: Geschäftsbericht 2015 KTG Agrar SE

So weit, so "noch ganz gut". Stark steigende Umsätze - noch stärker steigende Ausgaben, aber auf Ebit-Basis weiter schwarze und leicht steigende Zahlen. Bei Kennzahlen wie dem "Ebit" zeigt sich aber, dass sie nicht umfassend informieren. Denn das Detail "vor Zinsen" (before interest) führt naturgemäß dazu, dass geleistete Zinszahlungen nicht berücksichtigt werden. Genau die sind aber bei der KTG Agrar SE meiner Ansicht nach ein Problem. Denn:

KTG Agrar SE weiter mit hohem Schuldenberg

Der Zinsaufwand lag bei beachtlichen 26,252 Mio. Euro. Wie gesagt: Das Ebit lag bei 38,044 Mio. Euro. Rund zwei Drittel des Ebits werden also durch notwendige Zinszahlungen aufgefressen. Was mir nicht gefällt: Diese hohen Zinszahlungen liegen noch über dem Wert des Vorjahres von 22,206 Mio. Euro. Das lag unter anderem daran, dass Anleihen noch aufgestockt worden sind. A propos Anleihen - da sehe wohl nicht nur ich ein deutliches Problem für KTG Agrar:

Denn die Anleihe von KTG Agrar mit der ISIN: DE000A1H3VN9 wird im Juni 2017 fällig. Das Volumen dieser Anleihe liegt bei 250 Mio. Euro. Angesichts der oben genannten Zahlen (vom Ebit von 38,044 Mio. Euro gehen rund zwei Drittel für Zinszahlungen drauf) ist es ausgeschlossen, dass diese Anleihe aus dem laufenden Cash Flow bzw. Rücklagen getilgt werden kann. Es ist also eine Refinanzierung angesagt. Der Vorstandsvorsitzende Hofreiter hat angekündigt, dass man in - ich zitiere: "Detailverhandlungen der Refinanzierung" gehen werde. Was das bedeutet, ist derzeit offen.

Möglich wäre eine Anschluss-Anleihe mit ähnlichen (oder besseren?) Konditionen. Wobei "besser" aus Sicht der Anleger z.B. einen höheren Kupon bedeuten würde. Allerdings würde das die Zinsausgaben der KTG Agrar weiter erhöhen.

Denkbar wäre auch, den Anleihengläubigern anzubieten, ihre Forderungen in Aktien von KTG Agrar zu verwandeln. Im Fachjargon bzw. Neudeutsch wird das "debt to equity swap" genannt. Hätte für KTG Agrar den Vorteil, dass Schulden sozusagen verschwinden - und in Eigenkapital (Aktien) verwandelt werden. Aber ob das die Anleihengläubiger mitmachen werden? Zudem: Das wäre nicht unbedingt im Interesse der Alt-Aktionäre! Denn jede Menge neuer Aktien - das würde bedeuten, dass der Anteil der Alt-Aktionäre verwässert würde.

KTG Agrar sagt: Zinszahlung am 6. Juni ist sicher

Es gibt also hier einige offene Fragen in Bezug auf die hohen Schulden und die mögliche Refinanzierung. Und ich denke, dass genau das der Grund für die hohen Kursverluste von Aktie (und auch Anleihen) der KTG Agrar SE ist. Immerhin: Das Unternehmen hat klargestellt, dass die für den 6. Juni anstehende Zinszahlung der Anleihe geleistet werden wird. Frei nach Norbert Blüm: Die Rente bzw. Zinszahlung ist sicher. Das reichte kurzfristig zur Beruhigung aus. Doch unter uns: Das ist ja wohl eine Selbstverständlichkeit, dass bei Zahlungsfähigkeit eine fällige Zinszahlung geleistet wird. Wenn schon solche Selbstverständlichkeiten extra betont werden, gefällt mir das nicht.

Geschäftsmodell von KTG Agrar

Und noch der Blick auf das Geschäftsmodell von KTG Agrar: Das finde ich grundsätzlich klasse! Auf eigenen bzw. gepachteten Flächen in Deutschland und Osteuropa in biologischer und konventioneller Landwirtschaft Nahrungsmittel zu produzieren, und diese dann auch noch nach Möglichkeit mit eigener Premiummarke ("Die Landwirte") zu vertreiben - finde ich gut. "Abfallprodukte" wie Biogas werden durch die eigene Tochter KTG Energie genutzt, und das offensichtlich gewinnbringend. Und Investments in Ackerland sollten ohnehin langfristig gewinnbringend sein.

Das Geschäftsmodell von KTG Agrar im Überblick

KTG Geschäftsfeld

Quelle: Unternehmensangaben

Denn das deutsche Statistische Bundesamt vermeldet, dass die landwirtschaftlich genutzte Fläche in der Bundesrepublik seit Jahren zurückgeht. Konkret: Alleine im Jahr 2012 ging die landwirtschaftliche Fläche um 37.000 Hektar zurück. Dies ist mehr als die Fläche der Stadt Bremen. Seit 1995 beträgt der Rückgang sogar knapp 700.000 Hektar. Dabei verlief die Entwicklung bei einzelnen Nutzpflanzen durchaus unterschiedlich. So wurden z.B. für Silomais, Feldgras und Leguminosen (z.B. Erbsen) seit 2003 fortlaufend mehr Flächen verwendet. Auch die Flächen für den Anbau von Raps und anderen Ölfrüchten nahmen zu. Seit 1995 ist deren Anbaufläche um rund 20% gestiegen. Fakt ist aber: Die landwirtschaftlichen Flächen werden weltweit gesehen weniger. Und was knapper wird, wird tendenziell teurer.

Mein Fazit: Die KTG Agrar SE hat ein durchaus überzeugendes Geschäftsmodell. Doch im letzten Jahr wurden nicht (wie ich es gehofft hätte) Schulden getilgt - stattdessen wurde die Schuldenlast noch erhöht. Und in rund einem Jahr wird eine Anleihe mit 250 Mio. Euro Volumen fällig! Da würde ich mir schon eine frühzeitige Planung zur Refinanzierung wünschen. Das Management verspricht baldige Information dazu. Solange noch nichts bekannt ist, hängt diese Frage sozusagen wie ein Damoklesschwert über der Aktie.

Und hier noch das Zitat zum Tag: "Ob ein fröhliches Mahl überhaupt ohne Frauen denkbar ist, lasse ich offen." - Erasmus von Rotterdam (1469-1536)

Mit herzlichem Gruß!

Ihr

Michael Vaupel

© 2016 Ethische Rendite
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