Regensburg (ots) - Bereits zum vierten Mal in diesem Jahr wurde Istanbul von einem blutigen Terroranschlag mit vielen Toten und Schwerverletzten erschüttert. Bereits im Januar hatte ein Anschlag, der offenbar auf das Konto von Islamisten ging, auch zwölf deutsche Touristen mit in den Tod gerissen. Am Tag zwei des muslimischen Fastenmonats Ramadan schlugen Terroristen mit einer Autobombe wiederum feige zu. Mindestens elf Menschen starben. Ihren Angehörigen gilt unser Mitgefühl. Ganz gleich, wie sich das politische Verhältnis zwischen Berlin und Ankara seit der Armenien-Resolution des Bundestags von vorigem Donnerstag verschlechterte. Der Anschlag verdeutlicht zugleich, wie fragil die Lage in der Türkei derzeit ist. Dabei versucht Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan seit Monaten, mit harter Hand gegen den aus seiner Sicht größten Feind des Landes, die verbotene Arbeiterpartei PKK und ihre militärischen Gliederungen, vorzugehen. Die türkische Armee bombardiert PKK-Stellungen in Syrien und im Irak. Aber man muss nüchtern konstatieren, dass diese unversöhnliche Kurden-Politik, die im Grunde auf Zerschlagung zielt, völlig gescheitert ist. Erdogan hat aus machttaktischen Gründen die Verständigung mit den Kurden und deren parlamentarischem Arm, der HDP, beendet. Doch Erdogans harte Faust schürt nur neue Gewalt, neuen Hass. Die Hoffnungen auf innertürkische Aussöhnung und Befriedung wurden weggebombt. Und zwar von beiden verfeindeten Seiten. Nicht nur, dass Erdogan die Kurden, die eine wichtige Kraft im Kampf gegen die IS-Terroristen sind, militärisch nicht entscheidend schwächen konnte, er provoziert geradezu Terroranschläge auf sensible Ziele in der Türkei. Ob im aktuellen Fall allerdings wirklich die PKK hinter dem Anschlag von Istanbul steckt, wie Erdogan vorschnell erklärte, muss sich erst noch herausstellen. Es macht allerdings keinen Unterschied, ob es sich um IS- oder PKK-Terrorismus handelt. Die blutigen Folgen sind dieselben. Die Türkei, die zu großen Teilen vom Tourismus lebt, wird an einer empfindlichen Stelle getroffen. Seit Monaten gehen Urlaubsreisen in dieses schöne Land dramatisch zurück. Erdogan kann, trotz oder wegen seiner markigen Worte, die Mitverantwortung dafür nicht abstreiten. Die Türkei ist ein schwieriger, instabiler, widersprüchlicher Partner, für Deutschland, die Europäische Union, für den Westen insgesamt. Doch zur Zusammenarbeit mit Präsident Erdogan, egal ob es einem passt oder nicht, gibt es keine Alternative. Die Türkei leistet mit der Aufnahme von etwa drei Millionen Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten in Syrien und dem Irak einen unersetzlichen humanitären Beitrag. Europa wäre damit hoffnungslos überfordert. Dass Erdogan mit dieser Rolle gerne droht, ist die eine Seite. Auf der anderen Seite ist aber auch Ankara auf die Zusammenarbeit mit dem Westen angewiesen. Es ist ein schwieriger Grat, auf dem man hier wandelt. Die EU-Mitgliedschaft, die man der Türkei bereits vor Jahrzehnten in Aussicht stellte, scheint weiter entfernt denn je. Zur schwierigen Zusammenarbeit mit Erdogan gehört offenbar auch, dessen Kraftmeiereien, insbesondere nach der Armenien-Resolution, gegen türkischstämmige Abgeordnete im Bundestag klar und eindeutig zurückzuweisen. An dieser Stelle darf die deutsche und europäische Politik nicht einknicken, sich nicht erpressen lassen. Kanzlerin Angela Merkel hat insofern richtig gehandelt und Erdogan widersprochen. Dem tief empfundenen Mitgefühl für die Anschlagsopfer von Istanbul tut der politische Zwist zwischen Berlin und Ankara indes keinen Abbruch.
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