Tunesien, Marokko und Algerien werden voraussichtlich nicht zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden, weil die Grünen in den Bundesländern, in denen sie mitregieren, dem Gesetzentwurf im Bundesrat in der kommenden Woche nicht zustimmen wollen. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z./Donnerstagsausgabe).
Die Grünen sind an zehn Landesregierungen beteiligt. Davon müssten mindestens drei große Länder dem Gesetz für ein Zustandekommen zustimmen. Aus mehreren Ländern, in denen grüne Regierungspolitiker in der Vergangenheit der Einstufung von Balkan-Staaten als sichere Herkunftsländer zugestimmt hatten, kamen jetzt ablehnende Äußerungen. Begründet wird dies mit verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich auf die Wahrung von Grundrechten beziehen.
So werde in den Maghreb-Staaten Homosexualität strafrechtlich verfolgt. Der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die Bundesregierung habe diese Bedenken nicht ausräumen können: "Ich werde im Bundesrat nicht zustimmen." Die Grünen in Nordrhein-Westfalen wollen dem Gesetzentwurf keinesfalls zustimmen. "Journalisten, Blogger, Frauen und Homosexuelle sind in Nordafrika immer wieder Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt, bis hin zu Folter. Daher lehnen wir eine Einstufung von Tunesien, Marokko und Algerien als sichere Herkunftsländer ab", sagte der grüne Landesvorsitzende Sven Lehmann.
Ebenfalls starke verfassungsrechtliche Bedenken hat nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Bislang, heißt es im Stuttgarter Staatsministerium, hätten im Gespräch mit dem Außenministerium die auf grüner Seite bestehenden Bedenken nicht entkräftet werden können. Das zwischen den Koalitionsparteien Grüne und CDU äußerst strittige Thema ist schon im Koalitionsausschuss diskutiert worden, weil es im Bundesrat möglicherweise am 17. Juni zu einer Enthaltung der grün-schwarzen Landesregierung kommen könnte.
Kretschmann sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: "Die Landesregierung wird zustimmen, wenn die hohen verfassungsrechtlichen Kriterien des Bundesverfassungsgerichts erfüllt werden."