(Wiederholung)
NEW YORK (Dow Jones)--Einen Tag vor dem mit Spannung erwarteten Referendum in Großbritannien haben die US-Börsen zwischen Hoffen und Bangen keine klare Richtung gefunden. Nachdem es an den europäischen Börsen überraschend deutlich nach oben gegangen war, weiteten sich zwar kleine Anfangsgewinne zunächst aus, bröckelten im Verlauf aber wieder ab. In Umfragen liegen die Befürworter und Gegner einer EU-Mitgliedschaft weiter Kopf an Kopf, bei den Wettbüros werden die Befürworter knapp vorne gesehen.
Der Dow-Jones-Index kam am Ende um 0,3 Prozent auf 17.781 Punkte zurück, nachdem er im frühen Hoch schon 17.920 Punkte erreicht hatte. Der S&P-500 und der Nasdaq-Composite gaben um 0,2 Prozent nach. Umgesetzt wurden an der NYSE 827 (Dienstag: 854) Millionen Aktien. Den 1.268 (1.719) Kursgewinnern standen 1.775 (1.328) -verlierer gegenüber. Unverändert schlossen 139 (134) Titel.
Auf die Stimmung drückten nachgebende Ölpreise, während die vom Internationalen Währungsfonds auf 2,2 von zuvor 2,4 Prozent gesenkte US-Wachstumsprognose im laufenden Jahr kein Thema war. Die Prognose für 2017 von 2,5 Prozent bestätigte der IWF zudem. Möglicherweise tröstete sich der Markt aber auch damit, dass der IWF der US-Notenbank zu sehr großer Vorsicht bei Zinserhöhungen rät und außerdem im Zweifelsfall dazu, eine etwas zu hohe Inflation zu tolerieren.
Vom Auftritt von US-Notenbankchefin Janet Yellen vor dem Ausschuss für Finanzdienstleistungen des Repräsentantenhauses kamen keine Impulse. Anders als am Vortag vor dem Bankenausschuss des Senats richtete Yellen den Fokus stärker auf die Konjunktur und sprach von einer Zunahme der Aktivität im zweiten Quartal. Am Dienstag hatte Yellen einmal mehr gewarnt, dass ein Sieg der Brexit-Befürworter beträchtliche Risiken für die US-Konjunktur und die globale Finanzstabilität mit sich bringen dürfte.
Ölvorräte nicht so stark gesunken wie gedacht
Die Ölpreise gerieten nach Bekanntgabe der wöchentlichen US-Lagervorräte unter Druck. US-Öl der Sorte WTI fiel von rund 50,20 Dollar je Barrel zurück auf zuletzt 49,13. Brent ging mit 49,86 Dollar um. Wie die US-Energiebehörde (DoE) mitteilte, sanken die Vorräte zwar um 917.000 Barrel, damit allerdings deutlich weniger als von Analysten mit 1,6 Millionen Barrel erwartet. Die Enttäuschung war auch deswegen groß, weil das American Petroleum Institute (API) am späten Dienstag in seiner Zählung einen Rückgang um 5,2 Millionen Barrel ermittelt hatte, was entsprechend Fantasie für die DoE-Zahlen geschürt hatte.
Am Devisenmarkt gab es keine klaren Trends, der Dollar tendierte zum Euro unter Schwankungen seitwärts innerhalb der Spanne von 1,12750/1,1325 und das Pfund pendelte um 1,47 Dollar und verteidigte seine jüngsten Gewinne. In den vergangenen Tagen hatten Spekulationen auf einen Verbleib der Briten in der EU dem Pfund zu einer kräftigen Erholung verholfen.
Brexit als Eisberg
Händler sprachen von nur noch kleineren Positionsanpassungen. Die Investoren wollten sich nicht zu sehr festlegen, sondern möglichst flexibel bleiben, um rasch reagieren zu können. "Auf die eine oder andere Art wird es eine Marktreaktion geben", sagte Crit Thomas, Marktstratege bei Touchstone Investments. Die Anleger sollten sich auf starke Schwankungen einrichten, denn als "binäres Ereignis kann es nicht voll eingepreist werden", kommentierte er das bevorstehende Referendum.
Douglas Borthwick, Direktor bei Chapdelaine Foreign Exchange, sagte: "Der Brexit ist ein Eisberg. Wir sehen alle, wie weit er aus dem Wasser herausragt bei einem 'Bremain'. Aber keiner kann ermessen, wie tief er unter der Oberfläche ist, sollten es zu einem Brexit kommen. Und genau da liegt das Problem". Ähnlich äußerte sich Manu Vandenbulck, Portfoliomanager von NN Investment Partners. Er sieht ein größeren Potenzial nach unten bei einem "Leave"-Votum als nach oben bei einem "Remain".
Bei den vermeintlich sicheren Häfen in Zeiten erhöhter Nervosität an den Märkten tat sich wenig. Die Feinunze Gold kostete 1.265 Dollar, in etwa so viel wie am Vorabend, und die Kurse der US-Anleihen bewegten sich leicht nach oben, die Renditen bewegten sich minimal nach unten.
Anleger bestrafen Tesla für Übernahmepläne
Gewinner des Tages am Aktienmarkt waren Pharma- und Biotechnologieaktien. Ihr Index stieg um 0,4 Prozent. Die Branche hatte am Vortag noch nachgegeben, belastet von Sorgen, dass das Beratungsgremium "Independent Payment Advisory Board" (IPAB), beschließen könnte, die Preise für Arzneimittel zu senken. Am Mittwoch teilte dann aber die US-Krankenversicherung Medicare mit, dass von der IPAB im laufenden Jahr keine Empfehlung mehr kommen werde. Auf der Verliererseite fanden sich mit einem Minus von 0,6 Prozent - gemessen an ihrem Subindex - Ölwerte mit dem fallenden Ölpreis.
Bei den Einzelaktien litten Tesla Motors unter den angekündigten milliardenschweren Übernahme des Solarenergiekonzerns Solarcity im Zuge eines Aktiendeals. Tesla verloren 10,5 Prozent und Solarcity gewannen 3,2 Prozent. Mit Solarcity werde die Komplexität von Tesla wachsen, zudem komme ein weiterer Verlustbringer zu dem ohnehin finanziell angespannten Konzern hinzu, hieß es im Handel. Die Analysten von Pacific Crest sehen die Übernahme auch deswegen kritisch, weil dadurch ein Aktienüberhang entstehe, der die Tesla-Aktie bremsen dürfte.
Adobe verloren 5,7 Prozent. Hier war den Anlegern gut nicht gut genug, denn Adobe übertraf beim Gewinn die Markterwartung im zweiten Quartal und bestätigte, die ausgegebenen Ziele im Gesamtjahr voraussichtlich zu erreichen. Adobe habe die Umsatzerwartung nicht übertroffen und außerdem den Ausblick nicht angehoben, darunter leide die Aktie, merkte Bob Breza von Wunderlich an. Der Ausblick von Fedex lag ebenfalls unter den Erwartungen. Die Aktie verlor 4,5 Prozent.
Verkauft wurden die Aktien von Burgerketten, nachdem Nomura von Anzeichen einer drohenden Flaute in der Branche gesprochen und McDonald's und Wendy's von "Buy" auf "Neutral" abgestuft hatte. McDonald's verloren 1,6 Prozent, Wendy's 1,8 Prozent und Yum Brands gaben um 0,5 Prozent nach.
HP stark unter Druck
HP rutschten um 5,4 Prozent ab. Die Aktie litt darunter, dass der Druckerhersteller ankündigte, seine globalen Vorräte an Tinte und Toner abbauen zu wollen, weil schwankende Preise unter den Kunden für Verwirrung sorgten. Analysten zeigten sich von der Entwicklung überrascht und warnten, dass HP so Kunden an die Konkurrenz verlieren könnte. Dass HP seinen Ausblick erhöht hatte, stütze die Aktie dagegen nicht.
Allegiant Travel zeigten sich wenig beeindruckt davon, dass der US-Billigflieger eine vorläufige Einigung mit der Piloten-Gewerkschaft Teamsters gefunden hat, auf den ersten Tarifvertrag seit Gründung der Arbeitnehmervertretung im Jahr 2012. Allegiant gaben um 1,1 Prozent nach.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 17.780,83 -0,27 -48,90 2,04 S&P-500 2.085,45 -0,17 -3,45 2,03 Nasdaq-Comp. 4.833,32 -0,22 -10,44 -3,48 Nasdaq-100 4.404,73 -0,20 -8,68 -4,10 DEVISEN zuletzt +/- % Mi. 8.03 Uhr Di, 17.25 Uhr % YTD EUR/USD 1,1301 +0,39% 1,1257 1,1271 +4,1% EUR/JPY 118,05 +0,32% 117,67 117,94 -7,4% EUR/CHF 1,0835 -0,01% 1,0836 1,0810 -0,4% GBP/EUR 1,3011 -0,26% 1,3044 1,3028 -4,2% USD/JPY 104,47 -0,05% 104,52 104,62 -11,0% GBP/USD 1,4701 +0,12% 1,4683 1,4685 -0,3% ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 49,11 49,85 -1,5% -0,74 +17,3% Brent/ICE 49,92 50,62 -1,4% -0,70 +18,6% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.265,46 1.264,70 +0,1% +0,76 +19,3% Silber (Spot) 17,27 17,28 -0,1% -0,01 +25,0% Platin (Spot) 976,52 979,50 -0,3% -2,99 +9,5% Kupfer-Future 2,13 2,12 +0,6% +0,01 -1,0% ===
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June 22, 2016 16:47 ET (20:47 GMT)
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