EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hat Großbritannien aufgefordert, bereits beim Gipfel am Dienstag den Austritt aus der Europäischen Union zu beantragen. Schulz sagte der "Bild am Sonntag": "Ein Zögern, nur um der Parteitaktik der britischen Konservativen entgegenzukommen, schadet allen. Eine lange Hängepartie führt zu noch mehr Verunsicherung und gefährdet dadurch Jobs. Deshalb erwarten wir, dass die britische Regierung jetzt liefert. Der Gipfel am kommenden Dienstag ist hierfür der geeignete Zeitpunkt."
Manfred Weber (CSU), Chef der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, kritisierte das Verhalten der britische Regierung.
Er sagte in "Bild am Sonntag": "Die beginnende Verzögerungstaktik in London ist inakzeptabel." Weber plädierte für einen schnellen Austritt "innerhalb der geplanten Frist von zwei Jahren, besser sogar innerhalb eines Jahres". Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erhöht den Druck auf Großbritannien für einen schnellen Antrag: "Es wird niemand die Chance haben, auf Zeit zu spielen. Die Wirtschaft wird schnelle Klarheit einfordern. Investoren werden sich zurückhalten, bis sie wissen, was jetzt gilt: drinnen oder draußen."
Die Austrittsverhandlungen seien "auch Verhandlungen über unser künftiges Verhältnis". Großbritannien bleibe der EU ein wichtiger Partner in Wirtschaft und Sicherheit. Sonderregeln nach einem Brexit schloß von der Leyen aus: "Wenn wir Sonderwege für Großbritannien definieren, werden sofort andere Partner wie Norwegen das Gleiche einfordern. Regeln müssen für alle gleich gelten."
Ausdrücklich sprach sich die stellvertretende CDU-Vorsitzende gegen mehr Volksentscheide aus: "Was in Großbritannien passiert ist, sollte uns die Augen öffnen. Bei so existenziellen und folgenschweren Fragen ist das Risiko extrem groß, dass Populisten die Befragung für hemmungslose Stimmungsmache kapern." Populisten setzten auf Angst und Aggression und schreckten vor falschen Versprechen nicht zurück.
Ablehnend äußerte sich von der Leyen auch gegenüber den SPD-Plänen für mehr Investitionen in Europa: "Wir sollten uns dringend davor hüten, zu glauben, dass wir offenkundige Probleme in der Wirtschaftsstruktur der EU mit Geld zuschütten können. Hohe Arbeitslosigkeit in einzelnen Regionen kann keine Gemeinschaft der Welt auf Dauer mit Geldspritzen von außen beseitigen. Für Wettbewerbsfähigkeit müssen die Nationalstaaten selbst die Weichen stellen". Die EU könne nur sinnvolle Reformen verstärken.