Bielefeld (ots) - Es ist eine der großen Wahllügen, die die Brexit-Verfechter den britischen Bürgern auftischten: Es gibt ein Leben ohne die EU, aber immer noch mit Binnenmarkt und allem, was man so brauchen kann. Nach dem Motto »nichts muss, alles kann« versprach man den Bürgern eine Zukunft mit einer Gemeinschaft à la carte: Wir gönnen uns die Freiheiten ohne Auflagen. Die Schweiz und Norwegen wurden als das Paradies beschrieben, Alternativen zu einer Vollmitgliedschaft, bestens geeignet auch für das Vereinigte Königreich. Es wäre besser und vor allem ehrlicher gewesen, den Fachleuten zuzuhören, die die politische Realität kennen. Da gibt es auf der einen Seite ein dichtes Vertragsgestrüpp mit den Eidgenossen, in Einzelfällen das Ergebnis harter Verhandlungen. Und da ist auf der anderen Seite eine kostspielige Eintrittskarte für den Binnenmarkt, die unterm Strich kaum billiger kommen würde als der bisherige Platz am Runden Tisch derer, die über Europa entscheiden. Denn das wäre die Konsequenz des Versuches, das Schweizer oder norwegische Modell zu kopieren: London würde nicht mehr mitbestimmen können, was es an Brüsseler Auflagen übernehmen muss. Die Brexit-Befürworter wollten ihre Autonomie zurück. Sie forderten ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit. Kaum eine Woche nach der Volksabstimmung entpuppen sich die Wahlversprechen als Betrug am Wähler. Nicht einmal der Gedanke, mit der EU einen gemeinsamen Freihandel zu vereinbaren, kann begeistern, weil Brüssel stets darauf geachtet hat, den Finanzmarkt der Gemeinschaft besonders zu schützen. Und genau das ist doch Londons liebstes Kind. Kein Wunder also, dass die politische Klasse inzwischen weitgehend ohne konkretes Rezept dasteht, wie man den Freibrief zum Austritt aus der Union eigentlich nutzen sollte und was man am Ende stattdessen bekommen möchte. Denn selbst der größte Träumer im Vereinigten Königreich kann sich leicht ausrechnen, dass der Spielraum Brüssels für Sonderwünsche Londons minimal sein wird. Die EU kann den Briten nichts geben, was man nicht auch den Schweizern und Norwegern gewährt hat. Ansonsten würde das Vertragsgebäude in sich zusammenbrechen. Was auch immer man sich in London erhofft, es dürfte beim Aufprall auf die Brüsseler Wirklichkeit zerplatzen. Kein Wunder, dass der scheidende Premier David Cameron beim Gipfel in Brüssel fast beschwörende Appelle für ein ordentliches Scheidungsverfahren und eine auch künftig konstruktive Nachbarschaft von sich gab. Der Noch-Premier wird geahnt haben, was seine Nachfolger zu spüren bekommen: Die EU ist zu keinen Zugeständnissen bereit. Sie hat keinen Spielraum, großzügig zu sein. Das Vereinigte Königreich sollte sich auf verlustreiche Gespräche einstellen.
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