Hagen (ots) - Der Nato-Gipfel hat einen weiteren Schritt zu ausgebauter Wehrhaftigkeit an der Ostflanke des Bündnisses getan. Auch diesmal steht neben all den Beschlüssen über "robuste Kampfgruppen", "verstärkte Vorne-Präsenz" und "maßgeschneiderte Antworten" die Beteuerung, dass man an Konfliktabbau durch Diplomatie interessiert sei. Fragt sich nur, ob die beiden Elemente vernünftig ausbalanciert sind. Zweifelsfrei der Fall ist das nur, soweit es sich um das gesprochene und geschriebene Wort handelt. Jenseits der offiziellen Formeln ist die Frage nach der Balance im Bündnis umstritten. Da geht es hoch her zwischen "Putin-Verstehern" und "Säbelrasslern". Gipfel-Gastgeber Polen jedenfalls dürfte kaum Ruhe geben, soviel Nato heranzuholen wie möglich. Einen objektiven Maßstab, um die Angemessenheit der westlichen Vorkehrungen im Osten zu beurteilen, gibt es nicht. Auf beiden Seiten wird mit Bedrohungsgefühlen argumentiert, naturgemäß keine quantifizierbare Größe. Zwei Feststellungen der westlichen Seite sind nicht zu bezweifeln: Die im Baltikum und Polen vorgesehenen zusätzlichen Einsatzkräfte reichen für Offensiv-Operationen nicht annähernd aus. Und zweitens: Nichts dergleichen war vorgesehen, bis die Russen sich die Krim einverleibten und ihre Nachbarn damit in Angst und Schrecken versetzten. Dennoch ist die Gefahr, dass man auf schiefer Ebene Richtung Kalter Krieg rutscht, nicht von der Hand zu weisen. Im Osten gewinnt ein Nationalismus an Boden, für den es grundsätzlich keine berechtigten russischen Interessen mehr gibt. Die gibt es aber sehr wohl. Zum Beispiel zu erfahren, ob die Nato ihre Ostertüchtigung als vorübergehende zusätzliche Absicherung versteht oder als Dauereinrichtung.
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