Regensburg (ots) - Jede Partei hat ein Zukunftsprogramm, aber keine Partei weiß, was sie heute tun soll. Dieser Spruch eines Satirikers trifft vor allem die etablierten Parteien ins Herz. Sie verlieren seit Jahren ihr wertvollstes Gut - ihre Mitglieder nämlich. Und dies in einer besorgniserregenden Abwärtsspirale. Von der noch relativ jungen Protestpartei AfD abgesehen, haben sich die Mitgliederzahlen in den vergangenen 25 Jahren bundesweit nahezu halbiert. Und dabei sind die sogenannten "Karteileichen" gar nicht ausgewiesen, also Mitglieder, die nur noch in den Listen geführt werden, ohne sich aktiv am Parteileben zu beteiligen. Es ist fast schon ein Mitgliederexodus, der jedes Jahr von Parteienforschern nachgewiesen wird. Muss man sich also Sorgen machen um die Demokratie im Lande, denn die Parteien sind maßgeblich an der politischen Willensbildung des Volkes beteiligt, wie es im Grundgesetz heißt? Man sollte sich Sorgen machen, wenn Parteien immer weniger Mitglieder haben. Denn damit sinkt notgedrungen auch ihr direkter, also ganz persönlicher Einfluss auf die Bürgerinnen und Bürger. Parteimitglieder, sozusagen zum Anfassen, sind eine rare Spezies geworden. Vielleicht liegt in dieser Entwicklung auch ein Grund dafür, dass in unserer schnelllebigen, zunehmend digital vermittelten Zeit, von Internet und sozialen Medien Protestbewegungen und -parteien so rasch aufblühen können, aber auch schnell wieder verschwinden. Die internetaffinen Piraten sind ein Beispiel dafür. Vor vier, fünf Jahren schossen die Web-Protestler mit der Forderung nach Freiheit im weltweiten Netz und absoluter Transparenz nach oben. Sie enterten Landtage - und dürften nach Lage der Dinge bei den nächsten Wahlen wieder verschwinden. Doch spätestens seit den Piraten setzen auch die anderen Parteien auf die modernen digitalen Kommunikationskanäle, wie Facebook oder Twitter. Mit mehr oder weniger großem Erfolg. Von Schwarz bis ganz Rot wollen alle irgendwie hippe Mitmach-Parteien sein. Doch die politische Sternschnuppe der Piraten zeigt zugleich, dass moderne Kommunikation nicht alles ist. Wenn etwa nachhaltige politische Inhalte, zündende Ideen, wenn überzeugendes und charismatisches Führungspersonal fehlen, wenn innerparteiliche Querelen und Flügelkämpfe lähmen, dann hilft auch die ultraschnelle Kommunikation nicht viel. Sie ist manchmal sogar hinderlich, wenn man sich in den Parteien Schlammschlachten liefert. Auch das nährt Parteienfrust und -verdruss. Ob man/frau Mitglied einer Partei wird, hängt von vielen Umständen ab, von persönlichen, familiären Erfahrungen, von Vorbildern oder auch Negativerlebnissen, wogegen man ankämpfen will. Viele, vor allem junge Leute scheuen heute eine feste, vielleicht sogar lebenslange Bindung an eine Partei. Viele stellen ihre politischen Überzeugungen eher Patchwork-mäßig zusammen, von überallher ein Fetzchen. Den Kirchen geht es ähnlich. Allerdings wird die Funktionsfähigkeit der "Parteien-Demokratie" durch immer weniger Mitglieder im Grunde gar nicht eingeschränkt. Es bestimmen dann leider nur immer weniger Menschen, nämlich nur die Parteimitglieder, darüber, wer etwa auf die Kandidatenlisten zu Wahlen kommt oder eben nicht. Ganz abgesehen davon, dass das "einfache Parteimitglied" nur begrenzte Möglichkeiten der Mitwirkung hat. Im Gegensatz zu den Großkopferten, die in jeder Partei das Sagen haben. Das ist freilich das eigentliche Problem: Einer zahlenmäßig abnehmenden Mitgliedschaft steht die nahezu unbegrenzte politische Macht von Parteien entgegen. So haben das die Väter und Mütter des Grundgesetzes allerdings nicht gewollt.
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