Düsseldorf (ots) - Demokraten aus aller Welt stellten sich in den Stunden des Putschversuchs und danach hinter den türkischen Machthaber Recep Tayyip Erdogan. Dieser Akt der Solidarität war richtig und angemessen. Einen Machtwechsel kann es in Demokratien immer nur durch Wahlen geben. Auch wenn die Türkei alles andere als eine lupenreine Demokratie ist, wäre eine Militärdiktatur eine denkbar schlechte Alternative. Erdogan erweist sich nun der Solidarität der demokratischen Welt als unwürdig. Eine Überraschung ist das nicht. Er nutzt den Putschversuch, um den Umbau der Türkei von einer Demokratie in ein autokratisches und autoritäres Präsidialsystem fortzusetzen. Er sieht den stümperhaft umgesetzten Aufstand gar als "Geschenk Gottes". Denn der Angriff auf seine Macht gibt Erdogan den Anlass, eine "Säuberung" beim Militär vorzunehmen und auch am Putschversuch unbeteiligte Richter festnehmen zu lassen, nur weil sie ihn kritisch sehen. Der Opposition, die auch aus demokratischer Überzeugung den verhassten Präsidenten stützte, droht nun erst recht die Drangsalierung. Sogar die Wiedereinführung der Todesstrafe ist in der Türkei im Gespräch. Diese Entwicklung ist auch für die international Verbündeten der Türkei dramatisch. Die Nato versteht sich nicht nur als Verteidigungsbündnis. In ihrer Präambel ist das Ziel verankert, "die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation ihrer Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts beruhen, zu gewährleisten". Von diesen Grundsätzen verabschiedet sich die Türkei in rasantem Tempo. Es steht zu befürchten, dass die Türkei im westlichen Verteidigungsbündnis zum Außenseiter wird und damit auch der gemeinsame Kampf gegen die Terrormiliz IS ins Stocken gerät. Nach dem Putschversuch sind in der türkischen Regierung anti-amerikanische Töne laut geworden, während Erdogan den Schulterschluss mit Putin sucht. Auch das ist gefährlich. Die Westbindung der Türkei droht trotz Nato-Mitgliedschaft zu zerbröseln. Mit Deutschland - dem wichtigsten Partner in Europa - herrscht seit der Armenien-Resolution ohnehin Eiszeit. Das Militär ist in der Türkei traditionell ein Garant für die säkulare Staatsform. Erdogan, der seine Macht vor allem auf eine konservative islamische Anhängerschaft baut, wird alles daran setzen, diese politische Funktion der Armee abzuschalten. Für Europa und die Nato, für die gemeinsame Flüchtlings- und Verteidigungspolitik, ist das eine schwere Hypothek.
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