vor drei Wochen titelte ich an dieser Stelle "Die Flut muss alle Boote heben". Damit war damals zwar die sogenannte Marktbreite im S&P 500 gemeint. Aber natürlich gilt das auch für die Börsen insgesamt. Und so ist es ein entsprechend positives Zeichen, dass in der Zwischenzeit sowohl der NASDAQ 100 als auch der NASDAQ Composite neue übergeordnete Hochs erreicht haben. Die Flut hat also sozusagen zwei weitere wichtige Boote nach oben gehievt.
NASDAQ-Indizes an entscheidenden Marken
Der NASDAQ Composite hat am vergangenen Freitag ganz knapp ein neues Allzeithoch auf Schlusskursbasis erreicht. Das absolute Allzeithoch von vor gut einem Jahr hat er etwa ebenso knapp verfehlt (siehe grüne und rote Linien im folgenden Chart). Sein altes Allzeithoch aus dem Jahr 2000 (blaue Linie) hat der NASDAQ Composite allerdings schon im Juni 2015 überwunden.
Der NASDAQ 100 dagegen notiert unter seinem Allzeithoch von 2000 (rote Linie im folgenden Chart). Er schaffte es aber schon Ende Juli ganz knapp, sein Hoch von 2015 zu überwinden. In der Vorwoche fluktuierte der Kurs dann eine Weile um dieses Niveau (grüne Linie). Am Freitag löste er sich davon dynamisch und machte einen gewaltigen Schritt in Richtung auf das 2000er Allzeithoch bei 4.816 Punkten.
Starker US-Arbeitsmarktbericht treibt die Märkte
Hintergrund der starken US-Märkte (auch der S&P 500 markierte ein neues Hoch) war der US-Arbeitsmarktbericht. Danach wurden im Juli 255.000 neue Stellen außerhalb der Landwirtschaft geschaffen. Das waren nicht nur erheblich mehr als erwartet (180.000). Auch die beiden Vormonate wurden um insgesamt 18.000 neue Stellen nach oben revidiert.
Damit zeigt sich der US-Arbeitsmarkt nun zum zweiten Mal in Folge sehr stark. Der vieldiskutierte Einbruch vom Mai (siehe Pfeil in folgender Grafik), der Sorgen um den Zustand der US-Wirtschaft auslöste, ist damit wohl der berühmte Ausrutscher in einer Serie positiver Daten.
Das zeigen auch die weiteren Details des jüngsten Arbeitsmarktberichts. So stiegen sowohl die Wochenarbeitszeit als auch die durchschnittlichen Stundenlöhne deutlich an - letztere sogar ebenfalls stärker als von den Ökonomen erwartet. Damit gab es einen außergewöhnlich starken Anstieg der Lohnsumme, also der gesamten Zahlungen für Arbeitsleistungen. Das zeigt, dass der US-Arbeitsmarkt "brummt". Klar, dass die Anleger dies mit kräftigen Kursgewinnen feierten.
Die Technologieblase könnte bald überwunden sein
Damit ergibt sich für die NASDAQ-Indizes, aber insbesondere den NASDAQ 100 eine überaus spannende Lage. Dazu der langfristige Chart dieses US-Technologieindex:
Wenn der NASDAQ 100 die unglaubliche Hürde bei 4.816,35 Punkten nachhaltig überwinden kann, dann würden die US-Anleger die Technologieblase des Jahrtausendwechsels endgültig hinter sich lassen. Die Bedeutung dies Fakts kann kaum überschätzt werden. Schauen Sie sich nur die massive Übertreibung der Jahre 1999/2000 an und den nicht minder dynamischen Rückfall in den beiden darauffolgenden Jahren (gelber Bogen)! Die Überwindung des 2000er Hochs - das keine rationale bzw. fundamentale, dafür aber eine enorme psychologische Bedeutung hat - könnte der endgültige Befreiungsschlag in der laufenden Rally sein.
Warum der Ausbruch bald erfolgenden könnte
Nun ist es häufig so, dass sich die Märkte mit solchen bedeutsamen Kursniveaus längere Zeit schwertun. Heißt das, dass der NASDAQ 100 nun noch mehrere Monate oder gar Jahre den Kampf um diese Marke austragen wird? Das muss nicht sein. Der Langfristchart zeigt, dass der Index faktisch seit 2014 in eine ausgeprägte Konsolidierung übergegangen ist (blauer Kanal). Insofern hat er sich schon eine Weile an dem Hoch "abgearbeitet". Häufig ist es zudem so, dass der Sprung über einen Widerstand im ersten Anlauf gelingt, wenn der Kurs - wie hier - bereits unterhalb dieses Widerstands konsolidierte.
Allerdings wartet knapp oberhalb des 2000er Hochs die psychologisch hoch relevante 5.000-Punkte-Marke als nächster großer Widerstand auf den NASDAQ 100. Wenn man es genau nimmt, dann ist der NASDAQ 100 bereits im Jahr 2000 an diesem Widerstand gescheitert bzw. hat ihn verfehlt. Doch auch das ist ein bekanntes Phänomen: Zwei dicht beieinanderliegende Widerstände werden oft quasi in einem Anlauf gebrochen, wenn der erste dieser Widerstände bereits den Kurs längere Zeit aufgehalten hat. Dann sind die Bullen wie befreit und trampeln mit ihrem weiteren Vorstoß einfach alles nieder. Das ist durchaus logisch, denn auch die Bären sind dann ja erst einmal durch vorangegangenen Kampf erschöpft.
So verrückt ist die Börse tatsächlich!
Wie schon gesagt, wir befinden uns derzeit in einer überaus spannenden Lage. Die Rally in den USA könnte bald "überraschend" in eine neue, qualitativ höhere Phase eintreten, in der alle wichtigen Indizes auf neuen Allzeithochs notieren.
Mich würde das allerdings nicht wundern. Veranschaulichen Sie sich dazu nur, was in der jüngsten Zeit an Negativschlagzeilen durch die Medien ging - von Konjunktursorgen über Terrorängste bis zu pessimistischen Szenarien bezüglich der US-Präsidentschaftswahl. Genau das ist der Nährboden auf dem in der Vergangenheit die größten Rallys gestartet sind.
Das klingt verrückt? Mag sein. Aber wie schon Jochen Steffens dazu am 30. Oktober 2015 an dieser Stelle schrieb: "Hätte ich Ihnen im Jahr 2003, nahe der Tiefs bei 795 Punkten (!), erzählt, dass Sie sich keine Sorgen machen müssen, weil der NASDAQ 100 in 15 Jahren wieder sein Allzeithoch erreichen wird - Sie hätten mich für komplett irre gehalten.
Aber so ist die Börse, häufig viel verrückter, als man sich vorstellen kann. Und immer bereit, eben genau das zu tun, was sich keiner vorstellen kann. Vergessen Sie das nie!"
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert