Hagen (ots) - Die Europäische Union und Russland - das sei für sein Land keine Alternative, versichert der türkische Außenminister Cavusoglu. Die Reparatur der Beziehungen zu Moskau gehe nicht auf Kosten des Verhältnisses zur EU. Zu deren Beruhigung reichen solche Bekenntnisse freilich nicht. Alles spricht dafür, dass Erdogan in beide Richtungen seine Spielräume auslotet und Optionen testet. Es bietet sich an, bei der Wiederannäherung an Russland Nägel mit Köpfen zu machen. Dort kann der Gast atmosphärisch auf viel Sympathie rechnen. Genau wie die maßgeblichen Instanzen im Westen hat Moskau den Putsch sogleich und unmissverständlich verurteilt. Anders als in den EU-Hauptstädten nimmt man aber in Moskau keinen Anstoß daran, dass sich Erdogan beim politischen Großreinemachen wenig um Menschen- und Minderheitenrechte schert. Die EU sollte sich nicht in Bockshorn jagen lassen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Türkei vom europäischen Binnenmarkt ist bei weitem größer als die Geschäfte, mit denen die Russen locken können. Hinzu kommen fundamentale Interessengegensätze zwischen Moskau und Ankara in der Frage, wie der Bürgerkrieg in Syrien beendet und der Islamische Staat besiegt werden können. Diese Konflikte lösen sich nicht einfach in Luft auf, nur weil Erdogan um mehr Kooperation mit dem Kreml bemüht ist. Erdogan ist impulsiv und jähzornig. Aber nichts deutet darauf hin, dass er dabei die Kosten-Nutzen-Analyse aus dem Auge verliert. Bei aller Lust an rhetorischer Keilerei wird er sich dreimal überlegen, die solide Verankerung im EU-Binnenmarkt und im westlichen Verteidigungsbündnis einzutauschen gegen das, was Putin ersatzweise anzubieten hat.
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