Regensburg (ots) - Hat sie oder hat sie nicht? Wird sie oder wird sie nicht? Zu Beginn der Woche hat ein verquastes Statement von Angela Merkel zur K-Frage eine bundesweite Kaffeesatzleserei ausgelöst. Noch verschwurbelter antwortet die Bundeskanzlerin nun in einem TV-Interview auf die Frage, ob sich die Regierung tatsächlich zum Kotau vor Erdogan erniedrigt und sich von der Armenien-Resolution des Bundestags distanziert. Selbst wenn es um sie herum brennt, hält die Kanzlerin an ihrem bewährten Reaktionsmuster fest: mit unverbindlicher Miene im unangreifbar Ungefähren verharren. Doch die Wähler haben das vernebelte Mäandern der Regierungschefin offensichtlich satt. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend ist die Zufriedenheit mit Merkels Arbeit so niedrig wie seit fünf Jahren nicht. 51 Prozent der Deutschen wollen überhaupt nicht, dass sie erneut kandidiert. Mit einiger Sicherheit hat das mit dem seltsamen Jubiläum zu tun, welches das Land in diesen Tagen begeht: das Einjährige eines Dreiwortsatzes. "Wir schaffen das!" wird in die Geschichtsbücher eingehen. So wie es derzeit aussieht aber keineswegs als Fanal einer friedlichen, barmherzigeren Welt, sondern als willkommener Zunder für Rechtspopulisten und EU-Spalter. Denn Merkels Satz trifft mittlerweile auf ein lautes, vielstimmiges Echo: "Wie sollen wir das schaffen?" Auf diese gesellschaftliche Kernfrage ist die Bundeskanzlerin bis heute eine klare Antwort schuldig geblieben. Sie hat es nicht geschafft, die Mehrheit der Deutschen davon zu überzeugen, dass es kein Problem sei, wenn Millionen Muslime ins Land kommen. Trotz der wichtigen Position Deutschlands als größter Nettozahler in der EU hat sie es auch nicht vermocht, die Partnerländer zu überreden, ihren Weg der offenen Grenzen mitzugehen. Mit dem durch den Flüchtlingsstrom vorangetriebenen Brexit hat die EU stattdessen ihren zweitgrößten Geldgeber verloren. Merkel zieht ihre Partei mit zu Boden: Bei der Bundestagswahl 2013 holte die Union noch 41,5 Prozent der Stimmen. Jetzt liegt sie laut aktueller Sonntagsfrage nur noch bei 33 Prozent. Eine Riesenblamage droht am Sonntag, sollte die AfD in Merkels politischer Heimat Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich mehr Wähler hinter sich versammeln als die CDU. Dann könnte die ohnehin schon bröckelnde Nibelungentreue der Christdemokraten eilig in kühle Distanzierung umschlagen. Merkel sollte eigentlich am besten wissen, dass jedes Denkmal vom Sockel geholt werden kann: Als ihr Ziehvater Helmut Kohl über die Spendenaffäre stolperte, kritisierte ihn die damalige CDU-Generalsekretärin öffentlich und forderte die Partei auf, sich von ihrem alten "Schlachtross" abzuwenden. Die Partei müsse sich wie ein Jugendlicher von zu Hause abnabeln und "eigene Wege gehen". Nun könnte sich Merkels eigener Nachwuchs nach neuer Führung umsehen. Merkel hat in diesen Tagen weit mehr als ein semantisches Problem. Über lange Jahre schien es so, dass Deutschland bei einer Bundeskanzlerin, die auch als höchst erfolgreiche Außenministerin und inoffizielle EU-Sprecherin agiert, in besten Händen ist. Mutti wird's schon richten. Nun wird selbst im konservativen Lager die Frage gewagt, was Merkel eigentlich tatsächlich erreicht hat. Stabilität - oder nur Stillstand? Auf welches Deutschland steuern wir zu? Mit der Rätselhaftigkeit einer Sphinx lässt sich vielleicht die eigene Person überhöhen, aber dauerhaft keine Politik machen. Inhalte müssen vermittelt, Strategien erklärt, Visionen, sofern vorhanden, geteilt werden. Die Menschen im Land haben drängende Fragen. Wenn die Kanzlerin die Antworten weiterhin schuldig bleibt, wird ihr Zauber, der große Mythos Merkel, bald gänzlich verflogen sein.
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